Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung will die Auswirkungen der US-Sanktionen gegen die russisch-deutsche Gaspipeline Nord Stream 2 abwarten und mögliche Spielräume für den Weiterbau ausloten. Unmittelbare Gegenreaktion plant die Bundesregierung hingegen nicht, sagten am Montag Regierungsvertreter in Berlin.
"Wir werden die Regelungen uns genau ansehen und die Auswirkungen auf das Projekt bewerten. Dann werden wir über das weitere Vorgehen entscheiden", erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer auf einer Pressekonferenz.
Beate Baron, Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums, bekräftigte, dass die Bundesregierung die Sanktionen ablehne, da sie extraterritoriale Auswirkungen hätten. Damit sind Sanktionen gemeint, die Geschäfte unterbinden wollen, die nichts mit dem eigenen Land zu tun haben.
Deutschland schaue sich "jetzt genau an, welche Auswirkungen es da gibt, welche Spielräume das Gesetz vielleicht noch zulässt", so Baron. "Das prüfen wir aktuell."
Das Unternehmen Allseas Group SA, das die Gasröhre durch die Ostsee verlegt, habe seine Arbeit "zunächst" eingestellt. Das Unternehmen hatte am Samstag mitgeteilt, es habe seine Arbeiten ausgesetzt und warte nun auf weitere Klärung durch amerikanische Behörden bezüglich regulatorischer, technischer und umweltverträglicher Aspekte des Gesetzes.
Auch Deutschland ist nach Angaben des Wirtschaftsministeriums im Austausch mit der US-Administration und prüfe, wie das Projekt fortgeführt werden könne.
US-Präsident Donald Trump hatte am Freitag ein Gesetz zur Verhängung von US-Sanktionen gegen Eigentümer der Gasröhre und Unternehmen, die am Verlegen der Pipeline beteiligt sind, unterzeichnet. Vorgesehen sind Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögen in den USA. Die USA wollen damit eine größere europäische Abhängigkeit von russischem Gas verhindern und mehr amerikanisches Flüssiggas nach Europa verkaufen.
Rund 300 der etwa 2.100 Kilometer langen Ostsee-Pipeline, die Gas direkt von Russland nach Deutschland bringen soll, müssen noch fertig gestellt werden. Das Nord-Stream-2-Konsortium wird vom russischen Gazprom-Konzern angeführt, der die Hälfte der Finanzierung des 9,5 Milliarden Euro schweren Projekts aufbringt. Zu den Beteiligten gehören die deutschen Unternehmen Uniper und Wintershall.
Ursprünglich war eine Fertigstellung von Nord Stream 2 für Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres geplant. Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, sagte am Montag im Deutschlandfunk, er erwarte nun eine Fertigstellung im zweiten Halbjahr 2020. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte sich nicht zu einem Zeitplan äußern.
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December 23, 2019 07:29 ET (12:29 GMT)
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