Klima- und Umweltfragen werden nach Ansicht der deutschen Richterin des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), Angelika Nußberger, die Justiz in Zukunft stärker beschäftigen. Die Klimaproblematik könnte mithilfe der Grundrechte zu den Gerichten gebracht werden, sagte Nußberger der Deutschen Presse-Agentur. Sie könne sich vorstellen, dass auch Prozesse wegen nicht ausreichender Klimaschutzmaßnahmen zunehmen. Nach neun Jahren scheidet die derzeitige Vizepräsidentin des Gerichtshofes zum Jahresende turnusmäßig aus.
Die Europäische Menschenrechtskonvention, die alle Mitgliedsstaaten des Europarats vor ihrer Aufnahme unterzeichnen müssen, sei ein gutes Instrument, um auf Umweltschäden zu reagieren, so die Richterin. Auch die Digitalisierung bringt neue Herausforderung für die Rechtsprechung des Gerichtshofes mit Sitz im französischen Straßburg mit sich. "Man muss viele der Standards neu denken", so Nußberger. Generell sei die Menschenrechtskonvention dafür aber ausreichend. "Meistens kann man die Grundsätze übernehmen. Sie ist so formuliert, dass sich alle Sachverhalte gut abdecken lassen."
Nußberger ist seit 2011 die deutsche Stimme am Menschenrechtsgerichtshof, seit 2017 ist die 56-Jährige auch EGMR-Vizepräsidentin. Zum 1. Januar wird die Juristin und Hochschullehrerin Anja Seibert-Fohr das Amt übernehmen. Nach dem Ende ihrer Amtszeit wird Nußberger wieder an der Universität zu Köln lehren und Deutschland in der Venedig-Kommission des Europarats, die Staaten verfassungsrechtlich berät, vertreten.
Der EGMR gehört nicht zur Europäischen Union, sondern zum Europarat. Die Staatenorganisation fördert die demokratische Entwicklung in seinen 47 Mitgliedsländern - neben den EU-Ländern gehören unter anderem auch die Türkei und Russland dem Europarat an./ari/DP/zb
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