FRANKFURT (Dow Jones)--Der Kreditversicherer Euler Hermes erwartet im laufenden Jahr weltweit 6 Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen und damit das vierte Jahr in Folge eine Zunahme. Im Vergleich zu 2019, als 9 Prozent mehr Unternehmen in die Insolvenz gingen als 2018, wird sich die Zunahme nur leicht verlangsamen, schätzt die Allianz-Tochter. Gründe sind anhaltende Konjunkturschwäche und Handelskonflikte, politische und soziale Unsicherheiten. Sorge mache auch die Zunahme bei Großinsolvenzen, gerade in Deutschland, die über Dominoeffekte die Lieferketten belasteten.
"Beim schwächelnden Welthandel sehen wir 2020 keine wirkliche Entspannung", sagte Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit plus 1,7 Prozent dürfte das Wachstum in diesem Jahr eher mager ausfallen, und Protektionismus sei das 'neue Normal', auf das sich Unternehmen einstellen müssten.
Zwar profitierten Betriebe weiterhin von der anhaltend expansiven Geldpolitik - allerdings müssten sie sich im Gegenzug auf einen stärkeren Preiskampf durch die schwache Nachfrage einstellen. Teilweise kämen höhere Material- und Produktionskosten hinzu, die an die Margen gingen. "Die hohen Fixkosten und Lagerbestände sind für manche Unternehmen eine schwere Last, der in einer Vielzahl von Ländern nicht alle standhalten können", so van het Hof.
Chile löst China an der Negativ-Spitze weltweit ab
Weltweit am stärksten werden die Insolvenzen in Chile zunehmen, Euler Hermes schätzt plus 21 Prozent, gefolgt von der Slowakei und Indien. China, das drei Jahre lang den weltweit stärksten Anstieg bei den Insolvenzen verzeichnete, dürfte mit einem Plus von 10 Prozent (nach 20 Prozent 2019) nun auf dem Niveau von Singapur und Hongkong liegen.
Eine leichte Zunahme erwartet Euler Hermes bei den Insolvenzen in Westeuropa, 3 Prozent nach 2 Prozent. In der Konjunkturflaute wüchsen viele Länder langsamer als notwendig, um die Insolvenzen stabil zu halten. Dieser Wert liege in Westeuropa bei 1,7 Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts.
In Frankreich und Griechenland Entwicklung positiv
Insbesondere Dänemark (plus 6 Prozent), Spanien, die Niederlande und Irland (jeweils plus 5 Prozent) sowie Italien (plus 4 Prozent) trügen in Europa zum Insolvenzanstieg bei. Aber auch Großbritannien sehe im "Brexit-Sog" einen erneuten Zuwachs von rund 3 Prozent. Erstmals reihe sich nach zehn Jahren voraussichtlich auch Deutschland mit 3 Prozent plus bei den Unternehmenspleiten wieder in diesen Reigen ein.
Gegen den Trend werden in Frankreich voraussichtlich die Insolvenzen in diesem Jahr nach langer Zeit stagnieren. Das Land profitiere von wichtigen ökonomischen Entscheidungen, das Konjunkturpaket mit Steuererleichterungen für Rentner habe den privaten Konsum angekurbelt, und der französischen Wirtschaft komme ihre geringere Exportabhängigkeit derzeit zugute.
Für einige andere Länder wie Griechenland, Ungarn, Litauen und Brasilien erwartet Euler Hermes sogar rückläufige Unternehmenspleiten.
Zunehmen werden die Insolvenzen allerdings weiter in den USA und Kanada, wo ein Plus von 4 Prozent bzw. 5 Prozent erwartet wird.
Großinsolvenzen in Deutschland Grund zur Sorge
Sorge mache weltweit die Zahl der Großinsolvenzen mit Umsätzen oberhalb 50 Millionen Euro, die auch die Lieferanten belasten würden. Gerade in Deutschland habe es zuletzt zahlreiche namhafte Großunternehmen getroffen, manche von ihnen bereits zum zweiten Mal.
"Der Dominoeffekt bei Großinsolvenzen auf die Lieferkette ist meist sehr groß", sagt van het Hof. "Je höher die Umsätze der Pleitekandidaten, desto größer die Schäden bei den einzelnen Lieferanten. Deshalb sollte man sich von großen Namen nicht täuschen lassen."
Kontakt zur Autorin: ulrike.dauer@wsj.com; @UlrikeDauer_
DJG/uxd/jhe
(END) Dow Jones Newswires
January 09, 2020 06:57 ET (11:57 GMT)
Copyright (c) 2020 Dow Jones & Company, Inc.