BERLIN (Dow Jones)--Die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) angestrebte schnelle Einigung auf eine europäische Finanztransaktionssteuer kommt laut einem Medienbericht nicht voran. Am Rande des zweitägigen Treffens der EU-Wirtschafts- und Finanzminister in Brüssel bis Dienstag werde es nicht zu einer abschließenden Einigung über die Steuer kommen, berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf das Ministerium. Es hätten sich "einige Mitgliedsstaaten" auf Scholz' Vorschlag zur Einführung der Finanztransaktionssteuer zurückgemeldet, sagte ein Sprecher der Zeitung. Scholz werde dazu "weitere Gespräche" mit seinen Amtskollegen führen.
Beim Bundesfinanzministerium war kurzfristig niemand für eine Stellungnahme zu dem Bericht zu erreichen.
Scholz hatte Anfang Dezember einen angeblich einigungsfähigen Richtlinienvorschlag an die EU-Staaten verschickt, die zusammen mit Deutschland über eine Steuer auf Aktiengeschäfte verhandeln. Neben Deutschland beteiligen sich Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien an dem Vorhaben. Scholz hatte sie laut SZ gebeten mitzuteilen, wann das nächste Treffen stattfinden könne, um die Steuer auf den Weg zu bringen. Einige Kollegen hätten bislang überhaupt noch nicht auf das Schreiben reagiert. Damit wackle der Zeitplan, zuerst die EU-Richtlinie und dann das nationale Gesetz bis Ende Dezember 2020 verabschieden zu können.
Scholz hat die Einnahmen für die Finanzierung der Grundrente verplant, die ab Januar 2021 gezahlt werden soll. Er erwartet zunächst 1,5 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen. Die Steuer soll jedoch nicht auf den Hochfrequenzhandel an Börsen erhoben werden, sondern auf den Kauf von Aktien gelisteter Unternehmen, die ihren Hauptsitz im Inland haben. Auch im Inland und im Ausland ausgegebene Hinterlegungsscheine, die mit Aktien dieser Unternehmen unterlegt sind, seien betroffen. Der Steuersatz soll 0,2 Prozent betragen. Offen ist, ob auch Altersvorsorgeprodukte betroffen sein sollen. Das ist jedem Land freigestellt.
Die große Koalition hat die Einführung einer Finanztransaktionssteuer im europäischen Kontext zwar vereinbart. Die von Scholz vorgeschlagene Aktiensteuer trifft allerdings auf Widerstand bei der Union. Laut der SZ lässt Scholz seine Beamten vorsichtshalber bereits einen nationalen Gesetzesvorschlag entwerfen, um die Steuer im Alleingang einzuführen.
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January 20, 2020 12:25 ET (17:25 GMT)
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