Von Petra Sorge
BERLIN (Dow Jones)--Das Bundesfrauenministerium von Franziska Giffey (SPD) hat anlässlich neuer Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zur mangelnden Gleichstellung in Unternehmensvorständen seinen Willen für eine gesetzliche Quotenregelung bekräftigt. "Wir können es uns nicht leisten, dass wir Fortschritte in diesem Bereich nur im Schneckentempo machen", erklärte der stellvertretende Ministeriumssprecher Andreas Audretsch in Berlin. Unternehmen könnten sich nicht einfach nur das Ziel setzen, "dauerhaft null Frauen im Vorstand zu haben. Deswegen wollen wir Geldstrafen einführen für die Unternehmen, die dafür keine stichhaltige Begründung liefern", so Audretsch. Dies sei auch im Koalitionsvertrag vorgesehen.
Die erfolgreiche Quote in Aufsichtsräten könne somit auch für Vorstände gelten, erklärte der Sprecher. Das Frauenministerium sei nun mit den anderen Ressorts im Gespräch, "wie das umzusetzen ist". Auch die Höhe der möglichen Strafen sei "Teil der Abstimmungen" innerhalb der Bundesregierung. "Wenn ein großes Unternehmen vier oder mehr Vorstände hat, dann ist es kein Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn eine Frau dabei ist."
Die Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums, Beate Baron, erklärte, man werde den Gesetzentwurf "genau prüfen", wenn er vorliege. Der Koalitionsvertrag enthalte aber auch konkrete Vorgaben für die öffentliche Hand. Es sei Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ein "sehr großes Anliegen", dass die Behörden hier Vorbild für die Wirtschaft seien, so Baron.
Laut dem Managerinnen-Barometer des DIW ist der Frauenanteil in den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen im vergangenen Jahr um 1,4 Prozentpunkte auf 10,4 Prozent gestiegen. Von 907 Vorständen waren 94 weiblich. Damit ist der Frauenanteil zwar etwas stärker gestiegen als in den Jahren zuvor. In den Aufsichtsräten ging es hingegen, anders als in den meisten Jahren zuvor, im Vergleich zu den Vorständen langsamer nach oben.
Das DIW verweist etwa auf den Softwarekonzern SAP, das als erstes DAX-30-Unternehmen mit Jennifer Morgan eine Frau an seine Vorstandsspitze berufen hatte. Prominente Beispiele gab es sonst eher außerhalb der Unternehmenswelt, etwa mit Ursula von der Leyen als neuer EU-Kommissionspräsidentin und Christine Lagarde als neuer Präsidenten der Europäischen Zentralbank.
Aus Sicht des DIW verdichten sich die Anzeichen dafür, dass die gesetzliche Geschlechterquote für Aufsichtsräte mehr und mehr auf die Vorstände ausstrahlt. Unter den Top-200-Unternehmen ist der Frauenanteil im Vorstand jener Unternehmen, die der Quotenregelung für Aufsichtsräte unterliegen, im vergangenen Jahr von 8 auf 12,3 Prozent gestiegen. Das war ein höherer Anteil als bei jenen Unternehmen innerhalb der Top-200-Gruppe, die nicht an die Quote gebunden sind. Dort stagnierte der Anteil der Vorständinnen im vergangenen Jahr bei gut neun Prozent. An die verpflichtende Aufsichtsratsquote sind seit dem Jahr 2016 rund hundert Unternehmen gebunden.
Ein Umdenken in den Chefetagen sieht das DIW aber noch nicht. Die Entwicklung verlaufe "auf einem extrem niedrigen Niveau", erklärte die Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics, Katharina Wrohlich. "Geschlechterparität in den Vorständen der größten Unternehmen in Deutschland ist nach wie vor in weiter Ferne."
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January 22, 2020 10:17 ET (15:17 GMT)
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