BERLIN (Dow Jones)--Mehrere Industrieverbände haben einen deutschen Gesetzesentwurf für schärfere Kontrollen in ihren Rohstoff-Lieferketten begrüßt. Der Vorschlag, der Unternehmen zur Einhaltung besonderer Sorgfaltspflichten verpflichtet, sei insgesamt "ein guter Kompromiss", sagte der Abteilungsleiter Sicherheit und Rohstoffe des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Matthias Wachter, bei einer Expertenanhörung im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags. Auch die Wirtschaftsvereinigung Metalle und der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie unterstützten die Initiative.
Mit dem Entwurf soll eine entsprechende EU-Verordnung in nationales Recht umgesetzt werden. Betroffen sind die Rohstoffe Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erze und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten. Die Kommission will den illegalen Handel mit diesen Mineralien einschränken und schwerste Menschenrechtsverletzungen verhindern. Auch das Wirtschaftsministerium plant im Zuge seines Batteriezellkonsortiums, die Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit der Rohstoffe in den Blick zu nehmen.
Kontrollieren soll all das künftig die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist. Unternehmen müssen der Behörde ihre Importe melden, zugleich darf die BGR auch selbst Stichproben durchführen. Jährlich soll sie einen Rechenschaftsbericht vorlegen. Sollten Unternehmen gegen die Vorgaben verstoßen, droht ein Zwangsgeld von bis zu 50.000 Euro. Ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen entstehe durch die Regelung nicht, betonte BGR-Experte Matthias Baier. Denn schon jetzt würden sich die EU-Mitgliedsstaaten untereinander eng bei der Rohstoffpolitik abstimme.
Laut Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums sind in Deutschland von den strengeren Richtlinien rund 200 Unternehmen betroffen, die bestimmte Importmengen überschreiten. Die EU hat die Grenzwerte bei 5.000 Kilo für Zinnerze, 200 Kilo bei Tantal oder Nioberzen und 100 Kilo bei Gold festgelegt.
Die Fachvereinigung Edelmetalle regte an, die 100-Kilo-Grenze zu streichen. Juweliere, Schmuck- und Uhrenhersteller seien in ihren Lieferketten bereits transparent und würden dies "vollkommen" unterstützen, sagte Geschäftsführer York Alexander Tetzlaff.
Die Verbände, darunter auch aus dem Mittelstand, mahnten jedoch an, die Belastung der Unternehmen mit Bürokratie im Blick zu haben. Auch erklärte BDI-Vertreter Wachter, dass eine verbindliche Regelung das Grundproblem nicht lösen werde. Die Marktmacht der deutschen Unternehmen reiche nicht aus, um vor Ort in den Minen alle Prozesse zu beeinflussen. "Man braucht partnerschaftliche Einsätze, um vor Ort direkten Einfluss zu nehmen", auch über die Entwicklungshilfe, so Wachter.
Kritik an dem geplanten Gesetzesvorhaben übten die Nichtregierungsorganisationen Germanwatch und Powershift. Sie forderten, neben den vier genannten noch weitere Rohstoffe aufzunehmen, das geplante Zwangsgeld anzuheben, schärfere Sanktionsmechanismen für Falschinformationen einzubauen und auch die Lebensbedingungen der Bevölkerung vor Ort insgesamt in den Blick zu nehmen. "Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen passieren auch außerhalb der Mine", sagte der Rohstoff-Beauftragte von Powershift, Michael Reckordt.
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January 27, 2020 11:16 ET (16:16 GMT)
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