BERLIN (Dow Jones)--Der Steuerzahlerbund hat angesichts der hohen Kosten des Kohleausstiegs vor einer schwindenden Akzeptanz für das Projekt in der Bevölkerung gewarnt. "Die Beteiligten aus Politik, Industrie und Umweltverbänden haben sich auf Kosten des Steuerzahlers geeinigt, der nicht mit am Tisch saß", sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, der Düsseldorfer Rheinischen Post (Mittwochausgabe). Das Kohleausstiegsgesetz, das Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) an diesem Mittwoch im Bundeskabinett einbringt, sieht Staatsausgaben von rund 50 Milliarden Euro vor.
"Klar ist: Ein politisch beschlossener Kohleausstieg wird teuer für den Steuerzahler - und hat einen fragwürdigen Nutzen fürs Klima", sagte Holznagel. Kostenbewusstsein sei auch für den Klimaschutz wichtig, "denn wenn die Akzeptanz wegen zu hoher Belastungen schwindet, ist nichts gewonnen".
Unterdessen warnte der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, dass Stadtwerke in finanzielle Schieflage geraten könnten. "Gerade die Städte und ihre Stadtwerke leisten einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. Dieses Engagement zum Umstieg auf erneuerbare Energien und CO2-arme Energieversorgung wird mit dem Gesetzentwurf zum Kohleausstieg ausgebremst", sagte Münsters Oberbürgermeister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Verweis auf moderne Kraftwerke, die nicht nur Strom, sondern auch Wärme produzieren.
"Viele Anlagen wurden erst vor wenigen Jahren errichtet. Zu den vorgesehenen Konditionen und in der um vier Jahre verkürzten Zeit ist der nötige Umstieg auf eine umweltfreundlichere Energieerzeugung für die Städte und ihre Stadtwerke kaum zu leisten", so Lewe.
"Wenn Kohlekraftwerke bereits nach 2026 entschädigungslos stillgelegt werden müssen, ist die Versorgung mit Fernwärme in einigen Städten gefährdet", warnte der CDU-Politiker. Das frühere Auslaufen der Kompensationen widerspreche auch der Empfehlung der Kohlekommission, die bis 2030 Entschädigungen für die Abschaltung von Kohlekraftwerken vorgeschlagen habe.
Die nun vorgeschlagenen Bedingungen für den Umstieg von Kohle auf Gas reichten nicht aus. "Der vorgesehene Bonus setzt kaum Anreize, damit rasch von Kohle- auf Gasbefeuerung umgerüstet und damit noch mehr Fernwärmenetze mit klimafreundlicher Wärme versorgt werden."
Lewe forderte, die Konditionen für das Ausschreibungsverfahren zur Abschaltung zu verbessern und bis 2030 zu verlängern. Außerdem müsse es attraktiver werden, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen umzurüsten. "Der Kohleausstieg darf nicht zu Lasten von Kommunen, ihrer Unternehmen und der kommunalen Wärmeversorgung gehen. Das passt nicht zusammen, wenn der Bund gleichzeitig den Strukturwandel unterstützen und gleichwertige Lebensverhältnisse voranbringen will", sagte Lewe.
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January 29, 2020 02:34 ET (07:34 GMT)
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