Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung erwartet in diesem Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,1 Prozent und hebt damit ihre Prognose gegenüber Oktober 2019 um 0,1 Prozentpunkt an. Das geht aus dem Jahreswirtschaftsbericht hervor, den das Kabinett in Berlin beschlossen hat. "Die Wirtschaft wird sich in diesem Jahr besser entwickeln als noch im letzten Jahr erwartet", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zur Vorstellung der neuen Prognose. Die Aussichten hätten sich aufgehellt.
"Aber das aktuelle Wachstum kann uns nicht zufrieden stellen, die aktuellen Wachstumszahlen sind weiterhin zu gering", betonte Altmaier. Daher müssten Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität gestärkt werden - nur dann würden die notwendigen Zukunftsinvestitionen auch in Deutschland getätigt. "Hierzu müssen wir die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessern und brauchen in erster Linie steuerliche Entlastungen", forderte der Wirtschaftsminister. Auch müssten die Sozialversicherungsabgaben unter der Marke von 40 Prozent gehalten werden.
Im Jahr 2020 nehme die Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahr wieder etwas an Fahrt auf. Die Arbeitslosenquote bleibe voraussichtlich stabil bei 5,0 Prozent, die Zahl der Beschäftigten steigt nach der Prognose weiter auf 45,4 Millionen. In der Folge sollen auch die privaten Einkommen weiter spürbar zunehmen. Die privaten Konsumausgaben sollen nach der Prognose um 1,3 Prozent steigen nach einer Zunahme um 1,6 Prozent im vergangenen Jahr.
Wirtschaftspolitik soll Wachstum stärken
Hinzu kommen laut Bericht steigende Löhne sowie staatliche Entlastungen im Bereich der Sozialversicherungen und der Einkommensteuer. "Dies stützt die Binnenwirtschaft, die derzeit stärkste Auftriebskraft der Konjunktur", erklärte Altmaiers Ministerium in einer Mitteilung. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen 2020 mit 0,6 Prozent etwas stärker zunehmen als 2019 mit 0,4 Prozent. Risiken bestünden nach wie vor im außenwirtschaftlichen Umfeld. Die Exporte sollen aber um 2,0 Prozent und die Importe um 3,2 Prozent zulegen nach Vorjahreszuwächsen von 0,9 und 1,9 Prozent.
"Angesichts großer Herausforderungen muss unsere Wirtschaftspolitik darauf gerichtet sein, neue Wachstumsmöglichkeiten zu eröffnen", schreibt Altmaier in dem Bericht. Deutschland und Europa stünden vor großen Herausforderungen, konstatierte der Wirtschaftsminister. Die digitale Transformation verändere die Wirtschafts- und Arbeitswelt grundlegend. Der demografische Wandel verstärke den Handlungsbedarf bei der Gewinnung von Fachkräften und bei den sozialen Sicherungssystemen. Der Schutz des Klimas erfordere Innovationen und Investitionen, biete "aber auch neue Möglichkeiten der Wertschöpfung". Zugleich sei das weltwirtschaftliche Umfeld fragil.
Altmaier betonte, ein "Dreiklang aus ehrgeizigen Strukturreformen, wachstumsfreundlicher Konsolidierung und beschleunigten Investitionen" könne Europa auch künftig stärken. Die Bundesregierung werde sich auch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr "für die Prinzipien einer regelbasierten, nachhaltigen Handels- und Investitionspolitik einsetzen", kündigte er an. Im Fokus stünden ein Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen, ein modernisierter Investitionsschutz, eine Stärkung und Modernisierung der Welthandelsorganisation WTO und ein verbesserter Marktzugang für deutsche Unternehmen im Ausland.
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January 29, 2020 07:00 ET (12:00 GMT)
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