Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Verbandspräsidenten des deutschen Lebensmittelhandels haben das Spitzengespräch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Ernährungsindustrie als "konstruktiven Austausch und guten Auftakt für weitere Gespräche" bezeichnet. "Es wurde bisher immer nur über den Lebensmittelhandel gesprochen, aber nicht mit uns", erklärte der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH), Friedhelm Dornseifer. Der Branche sei es wichtig gewesen, die Bedeutung marktwirtschaftlicher Wirkungsmechanismen zu betonen.
Der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, wandte sich gegen Forderungen nach staatlichen Eingriffen bei den Lebensmittelpreisen. "Einschränkungen der Preissetzungsfreiheit sind grundsätzlich immer zum Nachteil der Verbraucher und führen zu höheren Preisen", hob er hervor.
Beide Präsidenten begrüßten laut einer Mitteilung Pläne der Regierung, die EU-Richtlinie für faire Lieferbedingungen und faire Handelspraktiken in Deutschland auf eine Eins-zu-eins-Umsetzung zu beschränken, und bekräftigten die Bereitschaft des Handels, den Anteil regionaler Produkte zu steigern. Der Handel sei auf gesunde bäuerliche Strukturen angewiesen und zur Mitarbeit in einer Zukunftskommission Landwirtschaft bereit. Für die strukturellen Probleme der Landwirtschaft sei der Handel aber nicht verantwortlich.
Merkel hatte zu Beginn des Treffens bereits vor zu hohen Erwartungen an die Veranstaltung gewarnt, bei der mit den großen Handelskonzernen über die Lebensmittelpreise gesprochen wurde. "Wenn man die Vorberichterstattung liest, dann denkt man natürlich, dass hier schon Endverhandlungen stattfinden", sagte Merkel zu Beginn des Treffens im Kanzleramt in Berlin. "Das ist es nicht, sondern wir sind in einem längeren Gesprächsprozess". Es gehe aber nicht um "staatlich verordnete Mindestpreise", sondern um "faire Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren".
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hatte den Handel gemahnt, die Verbraucher für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln zu sensibilisieren. Lebensmittel dürften "nicht zu Schnäppchenpreisen verramscht werden". Auch der Handel müsse seinen Teil dazu beitragen, dem Verbraucher zu verdeutlichen, dass höhere Standards im Stall oder auf dem Feld einen höheren Preis erforderten, der dann auch bei den Erzeugern ankommen müsse. Werbung mit Dauerniedrigpreisen bewirke aber "das Gegenteil".
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February 03, 2020 09:25 ET (14:25 GMT)
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