FRANKFURT (dpa-AFX) - Produktionsausfälle in China wegen des Coronavirus könnten nach Ansicht von Pharmaexperten schlimmstenfalls zu Antibiotika-Engpässen in Deutschland führen. Da die Herstellung von Wirkstoffen in der stark betroffenen Provinz Hubei stillstehe, schwänden die Lagervorräte für die Weiterverarbeitung, sagte Morris Hosseini, Pharmaexperte bei der Beratungsgesellschaft Roland Berger. Kurzfristig reichten die Antibiotika-Lagerbestände aus, um die Produktion aufrecht zu erhalten, doch bei einem längerfristigen Stopp in den chinesischen Werken drohten Lieferengpässe.
Weltweit sei die Pharmabranche in der Wirkstoff-Produktion abhängig von China, da die Herstellung in Europa nicht lohne. So würden etwa Vorstufen der Penicilline stark in der Volksrepublik produziert. Zwar sei die Provinz Hubei mit der Hauptstadt Wuhan nicht der einzige, aber ein maßgeblicher Standort für die Wirkstofferstellung, sagte Hosseini am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn sich die Situation in den chinesischen Produktionsstätten mittelfristig nicht entspannt, wird sich die Lage in Europa zuspitzen." Erschwerend komme dazu, dass mit dem chinesischen Neujahrsfest die Produktion ohnehin geruht habe.
Im Fall von Lieferengpässen könnten indische Produzenten einspringen, aber nicht kurzfristig in der benötigten Größenordnung, sagte Hosseini. In Deutschland würden etwa nötige Vorstufen von Antibiotika seit dem Produktionsende am Pharmastandort Frankfurt Höchst 2017 gar nicht mehr hergestellt, so eine Studie von Roland Berger.
Behörden sehen indes noch keinen Grund zur Sorge. Es lägen "bislang keine Hinweise vor, dass es aufgrund des Coronavirus zu kurzfristigen Liefer- oder Versorgungsengpässen kommen wird", teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn mit.
Lieferprobleme bei Arzneien wie Schilddrüsenmitteln oder Schmerztabletten in Deutschland sorgen unabhängig vom Coronavirus immer wieder für Kritik. So konzentriert sich die Produktion vieler Wirkstoffe auf wenige Betriebe in Asien. Seit dem Ende der 1980er Jahre beschaffen Pharmakonzerne viele Wirkstoffe immer stärker aus China, wo mit staatlichen Subventionen Produktionskapazitäten aufgebaut wurden, wie Hosseini sagte. Die Folge: Steht die Produktion zeitweilig still oder kommt es wegen Verunreinigungen zu Arznei-Rückrufen, hakt es in der Lieferkette. Eine größere Herstellung von Antibiotika-Wirkstoffen in Europa würde aber höhere Preise und steigende Kosten im Gesundheitssystem bedeuten.
Der Apothekerverband ABDA hat Lieferschwierigkeiten wiederholt kritisiert. Die Zahl der nicht verfügbaren Arzneien in Deutschland habe sich fast verdoppelt: Von 4,7 Millionen Packungen 2017 auf 9,3 Millionen 2018. Jedes 50. dieser Mittel sei von Lieferengpässen betroffen - also mehr als zwei Wochen nicht verfügbar oder deutlich stärker nachgefragt als angeboten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte spricht hingegen von relativ wenigen Lieferengpässen gemessen an allen zugelassenen Arzneien hierzulande. Auch könnten Patienten alternative Mittel bekommen.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will stärker gegen Lieferengpässe vorgehen. Er strebt etwa eine Meldepflicht für Pharmakonzerne und Großhändler an, um drohende Lieferengpässe schneller zu erkennen. Spahn will das Thema auch bei der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte auf die Agenda setzen. Ziel sei auch, Medikamente stärker in Europa zu produzieren./als/DP/jha
Weltweit sei die Pharmabranche in der Wirkstoff-Produktion abhängig von China, da die Herstellung in Europa nicht lohne. So würden etwa Vorstufen der Penicilline stark in der Volksrepublik produziert. Zwar sei die Provinz Hubei mit der Hauptstadt Wuhan nicht der einzige, aber ein maßgeblicher Standort für die Wirkstofferstellung, sagte Hosseini am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn sich die Situation in den chinesischen Produktionsstätten mittelfristig nicht entspannt, wird sich die Lage in Europa zuspitzen." Erschwerend komme dazu, dass mit dem chinesischen Neujahrsfest die Produktion ohnehin geruht habe.
Im Fall von Lieferengpässen könnten indische Produzenten einspringen, aber nicht kurzfristig in der benötigten Größenordnung, sagte Hosseini. In Deutschland würden etwa nötige Vorstufen von Antibiotika seit dem Produktionsende am Pharmastandort Frankfurt Höchst 2017 gar nicht mehr hergestellt, so eine Studie von Roland Berger.
Behörden sehen indes noch keinen Grund zur Sorge. Es lägen "bislang keine Hinweise vor, dass es aufgrund des Coronavirus zu kurzfristigen Liefer- oder Versorgungsengpässen kommen wird", teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn mit.
Lieferprobleme bei Arzneien wie Schilddrüsenmitteln oder Schmerztabletten in Deutschland sorgen unabhängig vom Coronavirus immer wieder für Kritik. So konzentriert sich die Produktion vieler Wirkstoffe auf wenige Betriebe in Asien. Seit dem Ende der 1980er Jahre beschaffen Pharmakonzerne viele Wirkstoffe immer stärker aus China, wo mit staatlichen Subventionen Produktionskapazitäten aufgebaut wurden, wie Hosseini sagte. Die Folge: Steht die Produktion zeitweilig still oder kommt es wegen Verunreinigungen zu Arznei-Rückrufen, hakt es in der Lieferkette. Eine größere Herstellung von Antibiotika-Wirkstoffen in Europa würde aber höhere Preise und steigende Kosten im Gesundheitssystem bedeuten.
Der Apothekerverband ABDA hat Lieferschwierigkeiten wiederholt kritisiert. Die Zahl der nicht verfügbaren Arzneien in Deutschland habe sich fast verdoppelt: Von 4,7 Millionen Packungen 2017 auf 9,3 Millionen 2018. Jedes 50. dieser Mittel sei von Lieferengpässen betroffen - also mehr als zwei Wochen nicht verfügbar oder deutlich stärker nachgefragt als angeboten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte spricht hingegen von relativ wenigen Lieferengpässen gemessen an allen zugelassenen Arzneien hierzulande. Auch könnten Patienten alternative Mittel bekommen.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will stärker gegen Lieferengpässe vorgehen. Er strebt etwa eine Meldepflicht für Pharmakonzerne und Großhändler an, um drohende Lieferengpässe schneller zu erkennen. Spahn will das Thema auch bei der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte auf die Agenda setzen. Ziel sei auch, Medikamente stärker in Europa zu produzieren./als/DP/jha
© 2020 dpa-AFX