Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann hat sich gegen die Anhebung des Inflationsziels der Europäischen Zentralbank (EZB) und auch gegen die Einführung eines "symmetrischen" Inflationsziels ausgesprochen. "Eine deutliche Anhebung der angestrebten Inflationsrate halte ich für keine gute Idee", sagte Weidmann laut veröffentlichtem Redetext bei der Vorstellung des Geschäftsberichts der Deutschen Bundesbank in Frankfurt.
Zwar werde häufig nur eine leichte Erhöhung ins Spiel gebracht, zugleich werde aber häufig auch eine Betonung der Symmetrie vorgeschlagen. "Sie wirkt letztlich ähnlich wie eine höhere angestrebte Inflationsrate", sagte Weidmann. Das EZB-Ratsmitglied wies darauf hin, dass ein höheres Inflationsziel auf den ersten Blick zwar den geldpolitischen Spielraum vergrößern könnte, dass aber auf den zweiten Blick mehrere Argumente dagegen sprächen.
"Erstens könnte der Gewinn an Handlungsfähigkeit kleiner ausfallen als gedacht", sagte Weidmann. Wenn Unternehmen ihre Preisbildung anpassten, könnte der Zusammenhang zwischen gesamtwirtschaftlicher Nachfrage und Inflation schwächer werden. Es gäbe dann zwar mehr Spielraum für Zinssenkungen, aber weniger Wirkung auf die Inflation je Zinsschritt. "Zweitens besteht die Gefahr, dass die Inflationserwartungen nicht neu verankert werden können", sagte der Bundesbank-Präsident. Drittens verursache eine höhere Inflation Kosten, etwa durch die Verzerrung von Preissignalen. Und auch unerwünschte Verteilungseffekte könnten die Folge sein.
Weidmann kritisierte, dass ein höheres Inflationsziel den geldpolitischen Handlungsdruck nochmals erhöhen würde - "und das in einer Zeit, in der die Erträge geldpolitischen Handelns im Hinblick auf die Realwirtschaft möglicherweise abnehmen, die Risiken und Nebenwirkungen aber zunehmen", wie er sagte.
Die EZB prüft gegenwärtig ihre geldpolitischen Strategie. Geprüft wird dabei nicht nur das Inflationsziel, sondern - unter anderem - auch die Inflationsmessung. Weidmann sprach sich dafür aus, die Kosten selbst genutzten Wohneigentums in den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) aufzunehmen.
Unter den geldpolitischen Instrumenten, die ebenfalls evaluiert werden, hob Weidmann die Forward Guidance zu den Leitzinsen als besonders wirksam hervor. Zugleich bekräftigte er seine Kritik an Staatsanleihekäufen. Die geldpolitischen Instrumente sollte in einer klaren Rangfolge eingesetzt werden, sagte er.
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February 28, 2020 05:34 ET (10:34 GMT)
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