
BERLIN (Dow Jones)--Vertreter der Energie- und Chemiewirtschaft haben die Bundesregierung zu einer stärkeren Berücksichtigung von Erdgas in ihrer Klimapolitik aufgefordert. Die Gaswirtschaft sei "heute und zukünftig ein Teil der Lösung", um "die Erreichung der Klimaziele, die Energieversorgungssicherheit sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu gewährleisten", heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier.
"Um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, ohne den Industriestandort Deutschland zu gefährden, brauchen wir den Energieträger Erdgas", erklärte der Chef des Gas- und Ölkonzerns Wintershall Dea, Mario Mehren. Neben dem BASF-Gemeinschaftsunternehmen gehören zu den Unterzeichnern unter anderem auch der Verband der chemischen Industrie (VCI), der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), die Mineralölfirmen BP, Shell und ExxonMobil, die Energieunternehmen Uniper SE, EnBW Energie Baden-Württemberg AG und mehrere regionale Versorger und Stadtwerke.
Die Unterzeichner fordern "eine politische Strategie, weiterhin auf Gas und seine Infrastrukturen zu setzen". Dazu zählten "verlässliche energie- und klimapolitische Rahmenbedingungen", aber auch der Schutz vor dem sogenannten Carbon Leakage, um Verlagerungen von CO2-Emissionen und Arbeitsplätzen in Länder mit geringeren Umweltstandards zu vermeiden, so das Papier. Zugleich biete Wasserstoff eine Möglichkeit, langfristig treibhausgasneutral zu werden. Beispielsweise kann blauer Wasserstoff per Elektrolyse aus Erdgas erzeugt werden, wobei das dabei frei werdende Kohlenstoffdioxid abgefangen wird. Deswegen fordert das Positionspapier, Technologien zur CO2-Abscheidung und Verwendung (Carbon Capture and Utilization, CCU) sowie Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) zu berücksichtigen.
Laut den Unterzeichnern haben die deutschen Industrieunternehmen 2016 insgesamt knapp 40 Prozent des gesamten Bedarfs an Erdgas verbraucht, konkret 926 Milliarden Kilowattstunden. Knapp ein Zehntel entfällt allein auf die Chemie. In der Industrie und im Bau ist der Gasverbrauch den Angaben zufolge um rund 45 Prozent höher als etwa in Frankreich und um über 80 Prozent höher als in Polen.
Die Bundesregierung sieht Erdgas im Zuge ihrer Wasserstoffstrategie zumindest übergangsweise als wichtigen Baustein der Energiewende. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geht angesichts des Kohle- und Atomausstiegs von einem steigenden Bedarf an Erdgas in den kommenden Jahren aus. Die Grünen lehnen es neben zahlreichen Klima- und Umweltschutzorganisationen jedoch ab, stärker auf den fossilen Energieträger zu setzen.
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March 02, 2020 05:58 ET (10:58 GMT)
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