Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hat angesichts der verschärften Lage an der türkisch-griechischen Grenze ihr Festhalten an dem EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen bekräftigt und zugleich einen Vergleich der Situation mit der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 abgelehnt.
"Die Bundesregierung bleibt überzeugt, dass dieses EU-Türkei-Abkommen für beide Seiten gut ist, dass es beiden Seiten hilft und dass es auch aufrechterhalten und eingehalten werden soll", erklärte Seibert bei einer Pressekonferenz in Berlin. "Wir sind überzeugt vom Wert des EU-Türkei-Abkommens. Wir gehen davon aus und wir erwarten, dass es eingehalten wird." Über in der Türkei herrschende Unzufriedenheit mit der Umsetzung des Abkommens müsse man aber mit dem Land reden.
Die derzeitige Situation an den Grenzen gelte es mit Gesprächen zu überwinden. "Wir erleben zurzeit an den Außengrenzen der EU zur Türkei auf Land wie auf See eine sehr beunruhigende Situation", sagte Seibert. "Wir erleben Flüchtlinge und Migranten, denen von türkischer Seite gesagt wird, der Weg in die EU sei nun offen, und das ist er natürlich nicht." Das bedeute eine sehr schwierige Lage für die Menschen und hohe Herausforderungen für Griechenland.
Die Situationen von 2015 und 2020 nannte Seibert aber "sehr unterschiedlich" und wies historische Vergleiche zwischen beiden Jahren zurück, mit denen man "überhaupt nicht weiter komme". Es gelte weiterhin der Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), 2015 werde sich nicht wiederholen. "Der hat seine Gültigkeit", betonte Merkels Sprecher auf eine entsprechende Frage. Angesichts von Forderungen nach verstärkter Aufnahme von Flüchtlingen bekräftigte Seibert, nötig seien "eine europäische Solidarität und europäische Lösungen".
Unterdessen wies der Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei den Vorschlag von Grünen-Chefin Annalena Baerbock für eine Kontingentlösung zur Aufnahme von Migranten von der türkisch-griechischen Grenze zurück. "Der Vorschlag der Parteivorsitzenden der Grünen läuft faktisch auf eine unkontrollierbare Grenzöffnung hinaus", kritisierte Frei. Wenn unter den in der Türkei lebenden Migranten und Bürgerkriegsflüchtlingen der Eindruck entstehe, dass Europa seine Grenzen öffne, werde eine weitere große Zahl an Menschen in die griechisch-türkische Grenzregion strömen. "Baerbocks Plan könnte da rasch eine Lawine lostreten", warnte Frei.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/apo
(END) Dow Jones Newswires
March 02, 2020 08:49 ET (13:49 GMT)
Copyright (c) 2020 Dow Jones & Company, Inc.