Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Türkei wegen der Öffnung der Grenzen nach Griechenland scharf angegriffen. Zwar verstehe sie die schwierige Situation, in der sich die Türkei wegen der angespannten Situation im umkämpften syrischen Idlib befinde. Aber an die Adresse des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan gerichtet sagte Merkel, es sei "völlig inakzeptabel, dass man das jetzt auf dem Rücken von Flüchtlinge austrägt."
Die türkische Regierung hat vergangene Woche die Grenzen zu Griechenland und Bulgarien geöffnet. Damit setzt Erdogan faktisch den Flüchtlingspakt zwischen der Europäischen Union und der Türkei außer Kraft. Die EU hatte der Türkei Milliarden-Hilfen für die Versorgung der Flüchtlinge zugesagt. Im Gegenzug hat die Türkei in den vergangenen Jahren rund 3,7 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Erdogan hat der EU vorgeworfen, sich nicht an die Zusagen gehalten zu haben.
"Ich verstehe, dass die Türkei vor einer sehr großen Aufgabe gerade im Blick auf Idlib steht. Wir arbeiten hier auch mit der Türkei zusammen, gerade auch mit Blick auf den russischen Präsidenten", sagte Merkel in Berlin mit Blick auf Präsident Wladimir Putin. Moskau unterstützt den syrischen Machthaber Baschar al-Assad, dessen Truppen jüngst türkische Soldaten getötet haben sollen.
Merkel sagte, sie verstehe, dass Erdogan angesichts hunderttausender Menschen, die aus Syrien flüchteten und vor der türkischen Grenze stehen, sich von Europa mehr erwartet.
"Ich finde es dennoch inakzeptabel, dass...Präsident Erdogan und seine Regierung, diese Unzufriedenheit nicht mit uns als Europäischer Union austragen, sondern auf dem Rücken der Flüchtlinge. Das ist für mich nicht der Weg. Deshalb werden wir mit der Türkei weiter sprechen."
Ziel sei es, wieder zu einer Balance zu kommen durch die Unterstützung der Türkei, auch auf bilateralem Wege, sagte Merkel nach einem Treffen von Migrationsvertretern mit der Regierung.
Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus
Merkel kündigte zudem im Anschluss an den 11. Integrationsgipfel an, dass die Bundesregierung einen Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus einsetzen werde.
Der Ausschuss wurde nach Kritik von Migrationsverbänden gegründet, die die Bundesregierung zu mehr Maßnahmen gegen Rassismus aufgefordert hatten.
Neben dem Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus war die Fachkräftezuwanderung ein weiterer Schwerpunkt des Treffens. Die Vertreter betonten, dass die Vorintegration angegangen werden müsste. Darunter versteht die Regierung die Vorbereitung von Einwanderern in ihrem Heimatland, bevor diese zur Jobaufnahme nach auf Deutschland ziehen. Dazu zählt sie beispielsweise die deutsche Sprache und die schulische Ausbildung.
Vertreterinnen von Migrationsgruppen betonten, dass Deutschland mit dem am Sonntag in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch verstärkt im Ausland werben müsste, um in globalen Wettbewerb bestehen zu können.
"Deutschland muss für Fachkräfte im Ausland attraktiv werden, auch in allen afrikanischen Ländern. Da müssen wir besser werden", sagte Sylvie Nantcha, die Bundesvorsitzende von The African Network of Germany e.V. (TANG).
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March 02, 2020 11:02 ET (16:02 GMT)
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