Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie unterstützt die geplante europäische Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050, drängt aber auf günstige Energiepreise und einen langen Atem bei der Umsetzen der Klimaschutzziele. Eine Verschärfung der Treibhausgasreduktionsziele für das Jahr 2030, wie sie die Europäische Kommission plane, sei hingegen nicht machbar.
"Wir brauchen einen langen Atem, um in der Chemie auf null Emissionen zu kommen. Eine weitere Zielverschärfung bis 2030 kann dazu führen, dass uns unterwegs die Luft ausgeht", warnte Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI).
Die Europäische Kommission plant eine Reduktion des Kohlendioxidausstoßes von 50 bis 55 Prozent bis 2030 gegenüber dem Jahr 1990 statt der bislang geplanten 40 Prozent. Diese zusätzlichen CO2-Vorgaben, die sich daraus über den Emissionshandel ergeben, könne die chemische Industrie kaum erreichen, warnte Große Entrup.
Denn treibhausgasneutrale Produktionsverfahren stünden in der Chemie frühestens ab Mitte der 2030er Jahre bereit. Wirtschaftlich können die entsprechenden Anlagen sogar erst Jahre später betrieben werden. Das müsse die Politik mitbedenken, so Große Entrup. Zudem ließen sich derartige Einschnitte innerhalb von 10 Jahren nicht mit den Zeiträumen vereinbaren, die für Investitionen und Anlagengenehmigungen nötig sind.
"Damit fördert die EU eher die Verlagerung von Produktion, nicht die klimafreundliche Erneuerung der Industrie", kritisierte der VCI-Hauptgeschäftsführer.
EU-Vizepräsident Frans Timmermans will am Mittwoch den Entwurf eines europäischen Klimagesetz vorstellen, auch bekannt als European Green Deal, mit dem Europa innerhalb der nächsten 30 Jahre den Nettoausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen auf null zurückfahren will. Das Ziel soll für die 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verbindlich sein.
Insgesamt sei das EU-weite Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 für die deutsche Chemie technologisch erreichbar, erklärte der VCI. Aufgabe der Politik sei es nun, für die Industrie geeignete Rahmenbedingungen für die Umsetzung in den Unternehmen zu schaffen, damit die Reduktion von Kohlendioxidemissionen wie geplant machbar ist.
"Die EU muss aktiv dazu beitragen, dass das Klimaziel 2050 nicht nur ein Papiertiger bleibt. In der deutschen Chemie arbeiten wir bereits an den Technologien, um bis zur Jahrhundertmitte unsere Produktion treibhausgasneutral zu stellen. Dazu brauchen wir viel erneuerbare Energie zu sehr günstigen Preisen", sagte Große Entrup.
Eindeutig klimaschädlich sei die derzeitige Entwicklung zu immer höheren Strompreisen.
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March 04, 2020 06:44 ET (11:44 GMT)
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