BERLIN (Dow Jones)--Der stellvertretende FDP-Chef und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hat angesichts der Wahl von Linken-Politiker Bodo Ramelow zum neuen Thüringer Regierungschef die Union kritisiert. "Wir gratulieren Bodo Ramelow zu seiner Wahl als Ministerpräsident", sagte Kubicki der Augsburger Allgemeinen. "Die CDU steht sicherlich bundesweit vor schwierigen Diskussionen, denn mit der heutigen Enthaltung weiter Teile der CDU-Fraktion wird Generalsekretär Paul Ziemiaks Forderung, die Linkspartei auf keinen Fall zu tolerieren, konterkariert", sagte der FDP-Politiker.
Grünen-Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth übte indes scharfe Kritik an den Thüringer FDP-Abgeordneten. "Wer sich in einer derart entscheidenden Situation einer Wahl schlichtweg entzieht, beweist eine eklatante Haltungslosigkeit, die letztlich nur den Demokratieverächtern in die Hände spielt", sagte die Grünen-Politikerin der gleichen Zeitung. Die FDP-Abgeordneten waren bei der Ministerpräsidentenwahl nicht in die Wahlkabine gegangen. Ursprünglich hatten sie angekündigt, den Plenarsaal zu verlassen. "Das wochenlange Chaos in Thüringen hat gezeigt: Alle Demokratinnen und Demokraten sind gefordert, wenn es darum geht, die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu verteidigen", betonte Roth. Die Wahl von Bodo Ramelow gebe Thüringen die Gelegenheit, in ruhigere Gewässer zu gelangen. "Das ist auch bitter nötig nach dem politischen Dammbruch, den nicht zuletzt FDP und CDU verursacht hatten", sagte Roth.
Die umstrittene Werteunion bezeichnete den Wahlgang in Thüringen indes als "unverzeihlich". SPD und Grüne würden sich tagein, tagaus als moralisch überlegene Demokraten inszenieren, erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende Ingo Gondro. "Gleichzeitig haben sie kein Problem damit, die SED-Erben in die Staatskanzlei zu wählen", so der Konservative. "Dass auch noch die CDU-Fraktion durch ihre Enthaltung Ramelow offenbar zum Sieg verholfen hat, schlägt dem Fass völlig den Boden aus."
Auch AfD sieht die Linke "in direkter Nachfolge der SED", wie Bundessprecher Jörg Meuthen erklärte. "Das Blut von Mauertoten und Stasi-Opfern klebt an ihr." Die Thüringer Landtagsabgeordneten von CDU und FDP hätten es zu verantworten, "dass ein Politiker dieser linksextremen Partei jetzt Ministerpräsident von Thüringen ist".
Ramelow war im Erfurter Landtag im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Für den 64-Jährigen hatten 42 Abgeordnete gestimmt. 23 Abgeordnete votierten mit Nein, 20 enthielten sich.
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March 04, 2020 11:54 ET (16:54 GMT)
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