BERLIN (Dow Jones)--Maschinenbauer und Stadtwerke haben einen deutlich stärkeren politischen Schub für Wasserstoff-Technologien gefordert. Der Aufbau von drei bis fünf Gigawatt Elektrolyseleistung sollte "nicht erst bis 2030, sondern deutlich früher erfolgen", heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) und des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands (DWV). Mit dem Papier, das bereits am Sonntag veröffentlicht wurde, reagiert die Industrie auf den Entwurf der Nationalen Wasserstoffstrategie, den das Wirtschaftsministerium offenbar am 18. März ins Kabinett bringen möchte.
Darin setzt die Regierung vor allem auf CO2-freien, sogenannten grünen Wasserstoff, dessen Anteil bis 2030 auf ein Fünftel steigen soll. In den geplanten Elektrolyseanlagen soll Strom aus Wind und Sonne aus Umwandlung von Wasser hergestellt werden. "Das im Entwurf der Wasserstoffstrategie dargelegte Ziel von drei bis fünf Gigawatt Elektrolyseleistung ist schon bis zur Mitte des Jahrzehnts erreichbar, die Anlagenbauer können die dafür notwendigen Elektrolysekapazitäten liefern", erklärte der klima- und energiepolitische Sprecher des VDMA, Matthias Zelinger. Dafür dürfe aber der Ökostromausbau nicht abgebremst werden.
Die Verbände wollen daher sowohl auf "blauen" Wasserstoff setzen, der aus Erdgas unter Abscheidung von CO2 gewonnen wird, als auch auf "türkisen", der über die thermische Spaltung von Methan entsteht. Beide Formen sind auch in der Ministeriumsstrategie benannt. Grundsätzlich müssten Power-to-X-Technologien zur Umwandlung regenerativer Energien breit aufgestellt und auch in den Verteilnetzen berücksichtigt werden, so die Verbände.
Dagegen hatten aber sowohl Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) als auch Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) Bedenken geäußert. Vor allem Schulze will nicht auf fossiles Erdgas, sondern grünen Wasserstoff setzen. Sie äußerte auch Kritik daran, Wasserstoff im privaten Pkw-Verkehr zu nutzen, und setzt eher auf die Luftfahrt. Hier positionieren sich die Verbände klar: Die "vergleichsweise hohe Zahlungsbereitschaft im Straßenverkehr" müsse "genutzt werden, um einen marktlichen Hochlauf der P2X-Technologien zu initiieren", so das Papier. Auch eFuels müssten in der Pkw- und Lkw-CO2-Flottenregulierung anerkannt werden.
Neben dem Verkehrs- und Industriesektor müsse die geplante Wasserstoffstrategie langfristig auch andere Sektoren mit einschließen, erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Michael Wübbels. "Für die Stadtwerke ist der Umbau hin zu einer klimafreundlichen Wärmeversorgung eine zentrale Aufgabe." Wasserstoff könne hier einen wesentlichen Beitrag für die Wärmewende leisten. "Eine politische Strategie, die diesen Aspekt nicht mitdenkt, verzichtet auf die Hebung wesentlicher Klimaschutzpotentiale", so Wübbels.
Die Nationale Wasserstoffstrategie ist wegen der Bedenken von Umwelt- und Forschungsministerium noch in der Ressortabstimmung, wobei das Wirtschaftsministerium auf eine Verabschiedung im Kabinett am Mittwoch nächster Woche drängt, wie Dow Jones Newswires aus Kreisen erfuhr. Pressesprecherin Beate Baron erklärte auf Anfrage, eine "möglichst zügige Kabinettbefassung" anzustreben, wobei ein Kabinettstermin noch nicht feststehe und "noch nicht benannt" worden sei. Die Tagesordnung der Sitzungen werde vom Bundeskanzleramt festgelegt "und jeweils kurzfristig vor dem jeweiligen Kabinettstermin bekanntgegeben werde. Erst dann steht die Tagesordnung fest."
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March 09, 2020 08:13 ET (12:13 GMT)
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