BERLIN (Dow Jones)--Der Präsident der Gesellschaft für Virologie erwartet auch in Deutschland Corona-Tote und hält Zustände wie in Norditalien für denkbar. "Dass in Deutschland noch niemand starb, wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach bald ändern. Da sollten wir uns nichts vormachen", sagte Professor Hartmut Hengel, Ärztlicher Direktor am Institut für Virologie der Freiburger Uniklinik sowie Präsident der Gesellschaft für Virologie (GfV), dem Handelsblatt. "Es ist durchaus realistisch, dass wir in eine ähnliche Situation geraten können wie Norditalien." Die Sterblichkeit sei bei Sars-CoV-2 "auf jeden Fall höher als bei normalen Grippewellen".
Der GfV-Präsident kann sich zur Eindämmung der Seuche auch drastische Maßnahmen wie in Italien vorstellen, wo Corona bislang europaweit die meisten Opfer gefordert hat. Maßnahmen im Kampf gegen das Virus hingen immer davon ab, in welcher Phase seiner Ausbreitung man sich gerade befinde.
Im Vergleich zu Italien befände sich Deutschland noch in einer früheren Phase. Da komme es auf situative Reaktionen an. "Das ist wie im Krieg, wo es für Taktiken und Strategien ebenso wenig immer gültige Regeln gibt."
In der Vorbereitung auf Corona hat es laut Hengel in Deutschland "natürlich Lücken" gegeben, die zu den schicksalhaften Begleiterscheinungen jeder Pandemie gehörten. Trotzdem befinde sich Deutschland "bislang noch in einer kontrollierten Situation". Das könne sich aber jederzeit ändern. "Und dann wird es darauf ankommen, dass man sowohl den Fachleuten im Gesundheitssystem wie auch der Gesellschaft die sich dann verändernden Spielregeln im Kampf gegen das Virus schnell vermitteln kann."
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March 09, 2020 08:18 ET (12:18 GMT)
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