BERLIN (Dow Jones)--Der Düsseldorfer Energieversorger Uniper erwartet Einnahmen von 100 Millionen Euro jährlich durch die geplante Inbetriebnahme des umstrittenen Steinkohlekraftwerks Datteln 4. Dies sei "der geschätzte operative Beitrag nach Abschreibung in einem Normaljahr" und werde erstmals für 2021 erwartet, sagte Finanzvorstand Sascha Bibert anlässlich der Bilanzpressekonferenz in Düsseldorf. Das MDAX-Unternehmen will das Kraftwerk bis zum Frühsommer dieses Jahres in Betrieb nehmen.
Derzeit liefen noch Werkabnahme- und Netztests, erklärte Konzernchef Andreas Schierenbeck. "Bis jetzt sind wir sehr gut unterwegs." Bei der ersten Netzsynchronisierung im Dezember habe Uniper auch schon "Energie erzeugt und verkauft".
Schierenbeck betonte, das Unternehmen wolle "systematisch" aus der Kohleverstromung aussteigen "und nur Datteln bis ans Ende von 2035 oder 2038 betreiben". Bis 2035 will die frühere Eon-Tochter der Sparten Wasserkraft, Gas und Kohle in der europäischen Stromerzeugung CO2-neutral sein. "Das heißt nicht, dass wir dann kein CO2 mehr ausstoßen", betonte der CEO. Entweder seien bis dahin Technologien etwa zur CO2-Abscheidung wirtschaftlich, die es bislang nicht sind, oder Uniper werde die dann noch anfallenden Emissionen aus Gas und Kohleverstromung kompensieren. "Wir schalten Datteln ein dafür, dass wir andere Kraftwerke ausschalten, um unterm Strich CO2 zu sparen", erklärte Schierenbeck die Strategie. Es brauche Geld, etwa für die eigene Wasserstoff-Strategie.
Auch das Braunkohlekraftwerk Berezovskaya der russischen Unternehmenstochter Unipro werde als eines der letzten nicht umzustellen sein, betonte Schierenbeck. Russland biete derzeit "keine Incentives", CO2 einzusparen. In beide Kohlekraftwerke wolle Uniper noch 300 Millionen Euro investieren. Für grüne Investitionen sind 1,2 Milliarden Euro eingeplant.
Der Essener Versorger RWE versucht unterdessen, die vertraglich vereinbarte Abnahme von Datteln-4-Kohlestrom noch gerichtlich zu verhindern. Schierenbeck erklärte aber, man sei in dem Rechtsstreit "sehr erfolgreich" gewesen, da Gerichte Uniper Recht gegeben hätten. Mit Blick auf den Protest von Aktivisten am Kraftwerk Datteln 4 sagte Schierenbeck, es werde "dann kritisch, wenn das Engagement nicht friedlich ist oder sich nicht an die Gesetze hält".
Die Umweltorganisation Greenpeace bekräftigte indes ihren Protest gegen die Anlage. "Im Jahr 2020 mit Datteln 4 ein weiteres Kohlekraftwerk anzufeuern", sei "CO2-speiende Verantwortungslosigkeit", sagte Greenpeace-Klimaexpertin Lisa Göldner. "Eine derartige Scheinheiligkeit kann sich auch der angehende Mehrheitseigner Fortum nicht leisten. Wenn es die Finnen ernst meinen mit dem Schutz des Klimas, dann darf Datteln nie ans Netz gehen."
Der Staatsversorger in Helsinki erklärte, es habe die Jahresbilanz von Uniper "zur Kenntnis genommen. Fortum wird die aktualisierte Strategie und Ergebnisse von Uniper sehr genau analysieren und diese in einigen Tagen bewerten".
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March 10, 2020 08:11 ET (12:11 GMT)
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