Von Ulrike Dauer
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Coronavirus-Epidemie zieht immer weitere Kreise bei Sportartikelherstellern. Die Adidas-Prognose für 2020 berücksichtigt keinerlei Auswirkungen des Coronavirus, der Wettbewerber Puma hat gerade seine Prognose für das Gesamtjahr kassiert, da diese auf der Annahme einer "kurzfristigen Normalisierung" der Coronavirus-Situation beruhte. Mit dieser "kurzfristige Verbesserung" kann nun nicht mehr gerechnet werden, teilte Puma mit.
Die Adidas-Aktie fiel zu Handelsbeginn um knapp 4 Prozent, die Puma-Aktie handelte 2 Prozent leichter.
Verschiebung oder Absage internationaler Sportereignisse stehen im Raum
Nach anfänglichen Schließungen von Produktionsstätten und Stores in China, Unterbrechungen in der Logistik der Lieferketten stehen nun die Verschiebung oder komplette Absage von Sport-Großereignissen wie der Fußball-EM und den Olympischen Spielen im Raum. Diese sind für Hersteller von Sportschuhen, Bällen, Sportkleidung und Accessoires von immenser Bedeutung.
Im ersten Quartal erwartet Adidas nun im wichtigsten Markt China einen Umsatz um 800 Millionen bis 1 Milliarde Euro unter Vorjahresniveau. Das Betriebsergebnis werde dort um 400 bis 500 Millionen Euro unter Vorjahr ausfallen, so der Sportartikelhersteller.
China wichtigster und profitabelster Markt für Adidas
China ist der wichtigste und profitabelste Markt für Adidas. Laut Geschäftsbericht 2019 macht China bei Adidas etwa zwei Drittel des Umsatzes in Asien-Pazifik aus, also rund 5,46 Milliarden Euro der dort insgesamt ausgewiesenen 8,192 Milliarden Euro. Beim Gesamtumsatz 2019 von 23,64 Milliarden Euro entfiel auf China somit rund 23 Prozent.
Den operativen Gewinn weist Adidas für China seit 2018 nicht mehr aus. 2017 steuerte China zum operativen Gewinn der Gruppe mit 1,34 Milliarden Euro oder 65 Prozent den größten Anteil bei.
Im ersten Quartal - exakt zwischen dem chinesischen Neujahr am 25. Januar und Ende Februar - habe bei Adidas der Umsatz in China 80 Prozent unter Vorjahresniveau gelegen, nach einer starken Entwicklung in den ersten drei Wochen 2020.
Grund waren Store-Schließungen - sowohl von eigenen als auch partnerbetriebenen Stores - sowie das "deutlich reduzierte Kundenaufkommen".
Adidas betreibt in China knapp 500 eigene Stores. Insgesamt, inklusive der Franchise-Geschäfte, sind dies rund 12.000 Stores.
Leichte Erholung seit Ende Februar
Seit Ende Februar verzeichne der Konzern "eine leichte Erholung" seiner Geschäftstätigkeit in China, da Stores und Lagerhäuser allmählich wieder öffnen und das Kundenaufkommen langsam wieder zunehme.
Um sicherzustellen, dass Lagerbestände im Markt auf einem gesunden Niveau verbleiben, hat Adidas im Februar alle Lieferungen storniert. Das Unternehmen warnte darüber hinaus, dass dies künftig zu "Produktrücknahmen in einem signifikanten Umfang" führen könnte, die dann im weiteren Verlauf des Jahres durch die unternehmenseigenen Vertriebskanäle verkauft werden sollen.
Darüber hinaus sind die Märkte in Japan und Südkorea aufgrund ausbleibender Kunden betroffen.
Im Bereich Beschaffung sei die Beschaffungskette des Unternehmen in China ebenfalls "Störungen ausgesetzt". Allerdings laufe die Produktion in den chinesischen Werken zum Großteil wieder. Weltweit sei die Beschaffung bisher nicht beeinträchtigt. Adidas hat keine eigene Produktion in Asien - man arbeitet dort ausschließlich mit Zulieferern zusammen.
China wichtigstes Land für Bälle, Nr. 3 bei Schuhen
Laut Geschäftsbericht war China 2019 das wichtigste Land für die Beschaffung von Zubehör wie Bälle und Taschen, Vietnam für die Beschaffung von Schuhen und Kambodscha für die Beschaffung von Bekleidung.
2019 kamen von den 448 Millionen Paar Adidas-Schuhen 16 Prozent aus China, das Reich der Mitte war damit die Nr. 3 der Schuhproduzenten. Aus Vietnam kamen 43 Prozent, aus Indonesien 28 Prozent. Insgesamt wurden 98 Prozent aller Adidas-Schuhe 2019 in Asien produziert.
Bei Textilien war China 2019 die Nummer Zwei: Von den 528 Millionen Teilen Adidas-Textilien, die die unabhängigen Zulieferer herstellten, wurden 19 Prozent in China hergestellt. Aus Kambodscha kamen 23 Prozent, aus Vietnam 19 Prozent. Adidas bezog 2019 insgesamt 91 Prozent der Gesamteinkäufe an Bekleidung aus Asien.
Bei Zubehör war China 2019 die Nummer Eins: Von den 127 Millionen Teilen wie Bälle und Taschen kamen 37 Prozent aus China, aus der Türkei 18 Prozent sowie aus Pakistan 22 Prozent. Insgesamt bezog Adidas 2019 etwa 81 Prozent der Zubehörprodukte aus Asien.
Puma nennt Vorhersage zur Entwicklung unmöglich
Puma wiederum kann den Mitte Februar abgegebenen Ausblick für das laufende Jahr nicht halten. Wie der Sportartikelhersteller mitteilte, basierte dieser auf einer kurzfristigen Normalisierung der Situation rund um die Corona-Epidemie. Diese sei aber angesichts der negativen Auswirkungen auf andere asiatische Länder neben China und der Verbreitung des Virus auf Europa und die USA nicht absehbar. Einen neuen konkreten Ausblick traut sich der MDAX-Konzern derzeit nicht zu.
"Es ist unmöglich, eine Vorhersage zur Geschäftsentwicklung in den kommenden Wochen und Monaten zu machen, und wir können den negativen Effekt auf Umsatz und Gewinne nicht quantifizieren", so Puma.
Bisher hatte Puma einen währungsbereinigten Umsatzanstieg von rund 10 Prozent, ein EBIT von 500 bis 520 Millionen Euro und eine deutliche Verbesserung des Konzerngewinns in Aussicht gestellt.
Im Verkauf gebe es in China nach der vorübergehenden Schließung von Läden und dem starken Druck auf die Umsätze wieder Anzeichen für Verbesserung, teilte Puma weiter mit. Starke Umsatzrückgänge seien in asiatischen Ländern zu beobachten, die üblicherweise von chinesischen Touristen profitieren.
In den internationalen Lieferketten gebe es mit Ausnahme kleinerer Verzögerungen keine Risiken. In China seien die Fabriken der Lieferanten der Ebene 1 (fertiges Produkt) wieder geöffnet, auch die Materiallieferanten hätten den Betrieb wieder aufgenommen. Die Logistik funktioniere ebenfalls. In der Beschaffung macht China weniger als 20 Prozent des Volumens bei dem Konzern aus.
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March 11, 2020 04:23 ET (08:23 GMT)
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