Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Unternehmen der Gesundheitsbranche sind nach einer aktuellen Analyse des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) überdurchschnittlich stark von den direkten Folgen der Coronavirus-Pandemie und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen betroffen. "Bei einer Reihe von Einschränkungen, die jetzt erlassen oder diskutiert werden, sind gesundheitsrelevante oder sogar lebensnotwendige Dienstleistungen oder Produkte stark beeinträchtigt", warnt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.
Deshalb müsse man bei allen Entscheidungen zu Lasten der Wirtschaft "immer auch gefährliche Nebenwirkungen und mögliche Boomerang-Effekte vor allem im Bereich der Gesundheitswirtschaft mit bedenken", forderte er. Gerade hier sei es fragwürdig, die wirtschaftliche Betätigung während der Corona-Krise einzuschränken. "Das würde auch der Gesundheitsversorgung einen Bärendienst erweisen."
So treffe das Exportverbot für Schutzausrüstung auch deutsche Pharmahersteller, die damit ihre Mitarbeiter in ausländischen Produktionsstätten ausrüsten müssten, um dort in sterilen Räumen dringend notwendige Medikamente herzustellen. Die gut gemeinten Regelungen belasteten die ohnehin schon gestörten Lieferketten nun zusätzlich. Laut einer DIHK-Blitzumfrage erwarteten fast doppelt so viele Unternehmen aus der Gesundheitsbranche negative Auswirkungen auf ihre Geschäfte durch fehlende Waren und Dienstleistungen als im Durchschnitt der gesamten Wirtschaft.
Drohender Engpass bei Medizinprodukten und Arzneimitteln
In der Gesundheitswirtschaft äußerten 40 Prozent entsprechende Befürchtungen, im Durchschnitt aller Branchen seien es derzeit im Vergleich dazu nur 23 Prozent. "Aus den Rückmeldungen der Unternehmen lässt sich herauslesen: Uns droht nicht nur ein Engpass an Schutzausrüstungen, sondern auch bei wichtigen Medizinprodukten und Arzneimitteln", warnte Dercks. Deshalb sei gerade jetzt "staatliches Handeln mit Augenmaß" gefragt. So sei es eine richtige Entscheidung, Apotheken die Herstellung von bestimmten Desinfektionsmitteln zu ermöglichen.
Dercks erklärte, in der Unternehmensbefragung setzten die Betriebe aus der Gesundheitsbranche deutlich stärker als der Durchschnitt "auf zumindest vorübergehende Deregulierung, um möglichst handlungsfähig durch die Krise zu kommen". Aus der DIHK-Analyse gehe auch hervor, dass die Firmen auch bei den direkten Dienstleistungen für Patienten Engpässe wegen der Corona-Krise erwarteten. So rechnen demnach in der Gesundheitswirtschaft 47 Prozent der Unternehmen mit erheblichen Problemen wegen krankheitsbedingter Ausfälle - gegenüber 34 Prozent im Durchschnitt aller Betriebe.
"Viele Unternehmen der Gesundheitswirtschaft haben die Sorge, dass die Versorgung der Patienten vor Ort etwa mit dringlichen medizinischen Produkten wie Flüssigsauerstoff beeinträchtigt wird, wenn zu viele Mitarbeiter zu Hause bleiben müssen", sagte Dercks. Ein kontinuierlicher Dialog aller relevanten Akteure aus Politik, Behörden und Unternehmen der Gesundheitswirtschaft müsse in dieser Situation aber zu einer Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung beitragen.
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March 12, 2020 05:48 ET (09:48 GMT)
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