BERLIN (Dow Jones)--Deutschland dürfte unter anderem wegen der Corona-Krise seinem Klimaziel für 2020 nahe kommen. Im vergangenen Jahr habe die Bundesrepublik 54 Millionen Tonnen weniger CO2 ausgestoßen als 2018, ein Rückgang von 6,3 Prozent, wie Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) unter Berufung auf Zahlen des Umweltbundesamtes erklärte. Dies sei ein Rückgang von 35,7 Prozent gegenüber dem Jahr 1990. Bis Jahresende will die Bundesregierung eine Minderung von 40 Prozent erreichen. Die größten Sorgenkinder sind weiterhin die Sektoren Wärme und Verkehr.
Für 2020 dürften nicht nur der milde Winter, sondern auch die drastischen wirtschaftlichen Einschränkungen infolge der Corona-Krise bei den Emissionen spürbar werden. Bei einer möglichen Drosselung des Luftverkehrs von 30 Prozent "würden wir zu 20 Millionen Tonnen Einsparung kommen", rechnete der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, vor. Dies sei jedoch "ein Einmaleffekt". Schulze betonte, die Wirkungen der Corona-Krise seien außergewöhnlich, notwendig sei aber ein dauerhafter, nachhaltiger Umbau. "Es hilft uns nicht, wenn ein Jahr die Emissionen runtergehen und im nächsten Jahr wieder hoch."
Hier müssten sich insbesondere der Verkehr und der Gebäudebereich stärker anstrengen. Wegen deutlich mehr Heizölkäufen wurden im Gebäudebereich im vergangenen Jahr 5 Millionen Tonnen mehr CO2 ausgestoßen als im Vorjahr, ein Plus von 4,4 Prozent. Im Verkehr betrug der Zuwachs 1,2 Millionen Tonnen, ein Plus von 0,7 Prozent.
Das Umweltbundesamt bekräftigte daher seine Forderungen einer raschen Elektrifizierung des Autoverkehrs und eines generellen Tempolimits auf Autobahnen von 120 Kilometer pro Stunde. Auch müsse der öffentliche Nahverkehr stärker ausgebaut werden.
"Nie zuvor sind die Emissionen in normalen wirtschaftlichen Zeiten so stark gesunken", sagte Schulze mit Blick auf 2019. Nur während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 sei noch weniger ausgestoßen worden. Grund für den Rückgang waren laut Schulze vor allem die Wirkungen des EU-Emissionshandels und der Kohleausstieg. Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung habe in die Zahlen noch nicht eingezahlt, Schulze erwartet das aber für die kommenden Jahre.
Bis 2030 will Deutschland 55 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Zudem sollen die Staaten auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow deutlich höhere Klimaschutzzusagen machen. Das hieße auch, dass Deutschland seine Ziele nochmals drastisch nach oben korrigieren müsste.
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March 16, 2020 06:28 ET (10:28 GMT)
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