
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bekräftigt, dass sie sich in der Pflicht sieht, für eine reibungslose Übertragung ihrer Geldpolitik in alle Länder des Euroraums zu sorgen. In einem aktuellen Statement der EZB zu der Ratssitzung am 12. März heißt es: "Der EZB-Rat hat einmütig der Analyse zugestimmt, dass die EZB über die am 12. März gefassten Beschlüsse hinaus die Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie genau beobachten wird und bereit ist, alle ihre Maßnahmen so anzupassen, um die Liquidität im Bankensystem zu erhalten und eine reibungslose Übertragung ihrer Geldpolitik in alle Länder abzusichern."
Die EZB reagierte mit dieser Erklärung auf Aussagen des österreichischen EZB-Ratsmitglieds Robert Holzmann. Holzmann hatte in einem Interview mit der Zeitung Der Standard Äußerungen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde in der Pressekonferenz am 12. März kommentiert. Dabei hatte er den Eindruck erweckt, dass der Rat einstimmig hinter Lagardes Aussagen gestanden habe. Allerdings wurde in dem Interview nicht ganz klar, welche Aussagen Lagardes Holzmann genau meinte.
Lagarde hatte zunächst gesagt, dass der EZB-Rat seien geldpolitischen Beschlüsse einstimmig gefasst habe. Später hatte sie gesagt, dass die EZB nicht dazu da sei, die Unterschiede zwischen den Staatsanleihen der Euro-Länder zu beseitigen. Lagarde hatte diese Aussage später selbst korrigiert. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte am nächsten Tag gesagt, die EZB werde solche Renditedifferenzen nicht tolerieren, wenn sie die Übertragung des geldpolitischen Signals in alle Ländern behinderten.
Holzmann sagte auf die Frage nach dem "Kommunikationsfiasko" Lagardes: "Ich denke, der Inhalt der Kommunikation war richtig." Es sei die Aufgabe des Staates, für Haftungen und soziale Unterstützung zu sorgen. Die Geldpolitik könne das Problem nicht übertünchen. "Als der Markt sah, dass Frau Lagarde das ernst meint und Einstimmigkeit darüber im EZB-Rat herrscht, hat er realisiert: Unsere überhöhten Kurse auf den Aktienmärkten können wir nicht aufrechterhalten", sagte Holzmann.
Auf Nachfrage erläuterte er: "Die Märkte haben in der Eurozone eine Zinssenkung um einen Zehntelprozentpunkt eingepreist und wir haben diese Erwartungshaltung mit dieser Entscheidung nicht bedient."
Analysten gehen davon aus, dass die EZB derzeit die im Ankaufprogramm APP angelegte Flexibilität so weit wie möglich ausnutzt, um Anleihen von Peripherieländern zu kaufen, deren Zinsen und den vergangene Tagen - auch wegen Lagardes Äußerungen - schneller als die anderer Länder gestiegen sind.
Auch eine Neuauflage des 2010 gestarteten SMP-Programms wollen sie nicht ausschließen. Damals hatte die EZB Staatsanleihen von Peripherieländern gekauft, um Zinsanstiege zu bremsen. Die Begründung war damals gewesen, das Durchdringen des geldpolitischen Signals sicherzustellen.
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March 18, 2020 04:52 ET (08:52 GMT)
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