NEW YORK (Dow Jones)--Mit wieder einmal massiven Verlusten zeigen sich die US-Börsen am Mittwochmittag (Ortszeit). Damit scheint sich die Gegenbewegung vom Dienstag, befeuert von Plänen eines Stimulipakets der US-Regierung zur Bewältigung der Coronavirus-Krise, als nicht mehr als ein Zwischenspiel zu entpuppen.
Der Dow-Jones-Index verliert knapp 6 Prozent auf 19.995 Punkte. Der S&P-500 gibt um 5,4 Prozent nach und der Nasdaq-Composite um 4,3 Prozent. Das Geschäft verläuft extrem volatil, die Tagesspanne des Dow reicht von 19.937 im Tief auf 20.489 Punkte im Hoch.
Im Rahmen diverser Maßnahmen sollen insgesamt 1 Billion Dollar in die US-Wirtschaft gepumpt werden, wie US-Finanzminister Steven Mnuchin zu Journalisten sagte. Die Details des Pakets stehen aber wohl noch nicht fest. Vor republikanischen Mitgliedern des Senats sagte Mnuchin laut dem Wall Street Journal außerdem, dass die Arbeitslosigkeit in den USA, die zuletzt auf dem extrem niedrigen Niveau von 3,5 Prozent lag, auf 20 Prozent springen könnte, wenn die Regierung nicht gegensteuere.
Trotz des gewaltig erscheinenden Volumens hegen viele Marktteilnehmer Zweifel, ob dies reichen wird. "Die alles überragenden fundamentalen Fragen, wann die Virus-Pandemie abklingen wird und wie kleinere Unternehmen und ihre Beschäftigten das überstehen, bleiben unbeantwortet. Erst wenn eine Lösung näher rückt, werden die Märkte einen Boden finden" kommentiert Anlageexperte James Meyer von Tower Bridge Advisors die Stimmungslage.
In den vergangenen Wochen hatte die US-Notenbank schon vergeblich versucht, über zwei drastischen Notzinssenkungen die Lage an den Finanzmärkten zu beruhigen. Die Maßnahmen hatten die Anleger aber eher noch mehr verunsichert, weil sie als Zeichen der Panik gewertet wurden. Fiskalische Maßnahmen wiederum dürften Zeit brauchen, um Wirkung zu zeigen.
"Ich denke schon, dass die Fed das Richtige tut", sagt Alex Au, Geschäftsführender Direktor beim Hedgefonds Alphalex Capital Management. Aber die Anleger müssen sich mit Sicherheitsleistungen herumschlagen, die sie hinterlegen müssen, fügt er in Anspielung auf Investoren hinzu, die beispielsweise mit geliehenem Geld große Wetten eingegangen sind.
Trotz der Verluste an den Aktienmärkten werden auch Anleihen verkauft, die in Krisenzeiten eigentlich als sicherer Hafen gelten. Am Dienstag hatten die Renditen den größten Eintagessatz nach oben gemacht seit 1987. Hintergrund war die Spekulation, dass das staatliche Maßnahmenpaket eine stark steigende Mittelaufnahme zur Finanzierung nach sich ziehen dürfte. Beobachter sprechen auch von Notverkäufen von Anlegern, die dringenden Liquiditätsbedarf hätten, ähnlich wie beim Gold. Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen fällt minimal auf 1,07 Prozent.
"Atombombe am Ölmarkt"
Die Ölpreise scheinen auf dem Weg nach unten kein Halten zu kennen - das betrifft vor allem US-Öl. Die Sorte WTI verbilligt sich um 14,2 Prozent auf 23,11 Dollar je Barrel. Brent-Öl hält sich mit einem Minus von 6 Prozent deutlich besser. Gegenüber den jüngsten Hochs im Januar sind das Rückgänge um über 60 Prozent. Zuletzt war Öl vor 18 Jahren so billig zu haben.
Auf die WTI-Preise drücken zusätzlich neue US-Lager- und Produktionsdaten. Erstere zeigen den achten Wochenanstieg in Folge. Zugleich erreichte die US-Ölförderung in der Vorwoche den erst im Vormonat aufgestellten Rekordwert von 13,1 Millionen Barrel pro Tag.
Analysten sprechen vom düstersten Nachfragebild, das man seit langem gesehen habe. Wegen der Coronavirus-Pandemie gebe es einen simultanen Einbruch der Nachfrage nach Kerosin für den Flugverkehr, nach Benzin, nach Treibstoff für Schiffe, nach Öl für die Chemieindustrie und zur Energiegewinnung. Hinzu kommt laut Analystin Louise Dickson von Rystad Energy, dass weder Saudi-Arabien noch Russland oder ein anderes wichtiges Opec-Land wie die Vereinigten Arabischen Emirate oder Kuwait von der Absicht abrücken wird, die Ölförderung zu erhöhen. "Was wir sehen ist das Äquivalent einer Atombombe für den Ölmarkt", so Dickson drastisch.
Edward Moya von Oanda kommentiert: "Das Öl kämpft gegen ein dreiköpfiges Monster aus globaler Rezession, Überangebotschwemme und Nachfrageeinbruch". Mit dem Fall unter die wichtige Unterstützung aus der vorigen Ölschwemme bei 25,06 Dollar sei der Weg für WTI frei bis auf 22 Dollar, sofern Russland und Saudi-Arabien ihren Streit nicht beilegten, sagt Naeem Aslam von Avatrade.
Der Goldpreis gibt wieder nach. Die Feinunze verbilligt sich um 42 Dollar auf 1.491. Hier ist unter anderem weiter von Notverkäufen als Belastungsfaktor zu hören. Auch der weiter steigende Dollar bremst.
Der Dollar legt weiter kräftig zu und profitiert von seinem Ruf als sicherer Hafen und den sprunghaft gestiegenen US-Renditen. Der Dollar-Index steigt um 1,5 Prozent, der Euro kostet 1,0868, verglichen mit über 1,13 vor Wochenfrist. Derweil ist das Pfund Sterling in Dollar so billig wie zuletzt vor 35 Jahren. Beobachter sehen weiter Aufwertungspotenzial im Greenback. Sollte die Nachfrage für den US-Dollar als vermeintlich sicherer Hafen andauern, dann könne der Euro in Richtung der Marke von 1,05 Dollar fallen, so Derek Halpenny, Head of Research for Global Markets bei MUFG.
Erzwungene Werksschließung belastet Tesla
Unter den Einzelwerten am US-Aktienmarkt verlieren Tesla 10,5 Prozent. Auf Anordnung der zuständigen Polizeibehörden, die eine weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindern wollen, muss der Hersteller von Elektroautos sein Werk im kalifornischen Freemont doch schließen. Eigentlich hatte Tesla-Chef Elon Musk die Produktion aufrechterhalten wollen.
Die Boeing-Aktie gehört erneut zu den größten Verlierern im Dow, sie stürzt um über 16 Prozent ab auf gut 103 Dollar. Der Flugzeugbauer hatte sich am Dienstag für ein 60 Milliarden Dollar schweres Rettungsprogramm für die Flugzeugbranche ausgesprochen.
Stärker als Boeing geben nur United Technologies nach, die um 19,2 Prozent einbrechen.
Chevron verlieren im Sog des kräftig fallenden US-Ölpreises 11,3 Prozent. Conoco Philips halten sich mit einem Minus von 7,3 Prozent besser. Hier stützt die Ankündigung geringerer Investitionen und eines behutsamen Aktienrückkaufs.
Die Aktien des an der Nasdaq notierten Mainzer Biotechnologie-Unternehmens Biontech setzen ihr Kursfeuerwerk fort und schießen nach dem 66-prozentigen Plus am Vortag um weitere 40 Prozent nach oben. Das Unternehmen soll mit einem potenziellen Impfstoffprogramm gegen das Coronavirus bereits weit sein und Ende April damit in die klinische Phase gehen.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 19.909,51 -6,25 -1327,87 -30,24 S&P-500 2.379,47 -5,92 -149,72 -26,35 Nasdaq-Comp. 6.972,94 -4,93 -361,85 -22,29 Nasdaq-100 7.127,36 -4,64 -346,60 -18,39 US-Anleihen Laufzeit Rendite Bp zu VT Rendite VT +/-Bp YTD 2 Jahre 0,45 -3,7 0,49 -75,1 5 Jahre 0,67 -7,0 0,74 -125,4 7 Jahre 0,95 -3,4 0,99 -129,3 10 Jahre 1,07 -1,0 1,08 -137,4 30 Jahre 1,69 -0,2 1,69 -137,8 DEVISEN zuletzt +/- % Mo, 9:44 Uhr Fr, 17:38 Uhr % YTD EUR/USD 1,0851 -1,49% 1,1208 1,1062 -3,3% EUR/JPY 117,47 -0,56% 119,13 118,99 -3,6% EUR/CHF 1,0543 -0,28% 1,0549 1,0565 -2,9% EUR/GBP 0,9235 +1,25% 0,9064 0,8944 +9,1% USD/JPY 108,24 +0,92% 106,32 107,55 -0,5% GBP/USD 1,1747 -2,72% 1,2366 1,2366 -11,4% USD/CNH (Offshore) 7,0780 +0,69% 7,0100 7,0302 +1,6% Bitcoin BTC/USD 5.266,51 -3,54% 4.855,76 5.365,01 -27,0% ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 22,98 26,95 -14,7% -3,97 -62,0% Brent/ICE 26,17 28,73 -8,9% -2,56 -59,6% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.489,05 1.534,12 -2,9% -45,07 -1,9% Silber (Spot) 12,01 12,73 -5,7% -0,73 -32,7% Platin (Spot) 618,80 668,45 -7,4% -49,65 -35,9% Kupfer-Future 2,17 2,32 -6,2% -0,14 -22,5% ===
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March 18, 2020 11:57 ET (15:57 GMT)
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