
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie ändert die Aussichten für Wirtschaftsentwicklung so rapide, dass Analysten, aber auch die Wirtschaftsakteure selbst, kaum damit hinterherkommen, ihre Prognosen anzupassen. Vor diesem Hintergrund wird es interessant sein, in der Woche die Daten zu beobachten, die per Umfrage direkt bei Produzenten und Konsumenten abgegriffen wurden: Einkaufsmanagerindizes, Geschäftsklimaindizes, Verbraucherstimmungsindikatoren sind geeignet, der Wirtschaft im Konjunkturabsturz den Puls zu fühlen.
Um mit einem Kuriosum zu beginnen: Das Ifo-Institut veröffentlicht am Mittwoch (10.00 Uhr) erneut einen Geschäftsklimaindex für März, und zwar den endgültigen. Zu der vorläufigen Veröffentlichung am Donnerstag hatten 90 Prozent der befragten Unternehmen beigetragen. Der wichtigste deutsche Konjunkturfrühindikator war so stark wie noch nie zuvor in der Indexhistorie gefallen und hatte mit 87,7 (Februar: 96,0) Punkten den niedrigsten Stand seit 2009 verzeichnet.
Ifo-Index sinkt in zweiter Veröffentlichung weiter
Da sich die Konjunkturaussichten seither eher noch weiter eingetrübt haben - viele Unternehmen beantworten die Fragen gleich nach Eintreffen des Fragebogens, in diesem Falle Anfang März -, sollte ein weiterer Indexrückgang nicht überraschen. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten einen Rückgang auf 87,4.
Am Dienstag veröffentlicht IHS Markit die Einkaufsmanagerindizes (PMI) für März. Auch in ihnen dürften das Coronavirus bereits seine Spuren hinterlassen haben - nicht alleine wegen unterbrochener Lieferketten, sondern ganz massiv auch wegen Betriebsschließungen in Industrie und Dienstleistungssektor. Um 9.15 Uhr kommen die französischen PMI, um 9.30 Uhr die deutschen und um 10.00 Uhr die für den Euroraum. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte rechnen mit Rückgängen weit in das Rezessionsterritorium hinein.
Für den deutschen Industrie-PMI werden 39,5 (48,0) Punkte erwartet und für den Service-PMI 43,0 (52,5) Punkte. Für die Euroraum-Pendants werden 40,0 (49,8) und 42,5 (52,5) Punkte prognostiziert.
Mit Blick auf die Unternehmensseite sind außerdem das belgische (Mittwoch, 15.00 Uhr) und das französische (Donnerstag, 8.45 Uhr) Geschäftsklima von Interesse. Auf das Konsumentenverhalten zielen der Index des Verbrauchervertrauens für den Euroraum (Montag, 16.00 Uhr) und der von der GfK erhobene Index des deutschen Konsumklimas (Donnerstag, 8.00 Uhr). Für die beiden Indizes werden Rückgänge auf minus 13,0 (minus 6,6) und 7,5 (9,8) Punkte erwartet.
Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe besonders interessant
Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen US-Konjunkturdaten eigentlich immer, aber angesichts der sich dort andeutenden dramatischen Ausbreitung des Coronavirus und des Eindrucks, dass die Behörden verspätet reagiert haben, trifft das derzeit besonders zu. Einen Vorgeschmack dessen, was dem Arbeitsmarkt drohen könnte, boten die jüngsten Wochendaten zu den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe. Sie stiegen weitaus deutlicher als erwartet. Die nächsten Daten werden am Donnerstag(13.30 Uhr) veröffentlicht.
Am Mittwoch (13.30 Uhr) kommen die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter im Februar und am Freitag (15.00 Uhr) veröffentlicht die Uni Michigan ihren Index des Verbrauchervertrauens. Der am Montag (13.30 Uhr) anstehende Chicago Fed National Activity Index wird zeigen, wie sehr die gesamte US-Wirtschaft im Februar schon vom Coronavirus infiziert war.
Auch wenn derartige Aussagen derzeit gewagt sind - in der Woche steht eine geldpolitische Entscheidung an. Bei der Bank of England (BoE) steht trotz der bisher reichlich ergriffenen Lockerungsmaßnahmen am Donnerstag (13.00 Uhr) die Veröffentlichung einer geldpolitischen Entscheidung an.
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March 20, 2020 10:47 ET (14:47 GMT)
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