Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sieht Deutschland noch immer erst am Beginn der Corona-Krise, in der weitreichenden Ausgangsbeschränkungen notwendig sind. Eine Überprüfung der Einschränkungen nach Ostern sei nur möglich, wenn alle wie gefordert die sozialen Kontakte massiv einschränkten.
"Wir haben schon viele Infizierte in Deutschland und wir beklagen auch schon viele Tote. Aber noch ist das die Ruhe vor dem Sturm. Keiner kann genau sagen, was in den nächsten Wochen kommt", erklärte der CDU-Politiker in Berlin. "Wir können dann nach Ostern möglicherweise über eine Veränderung reden, wenn wir bis Ostern alle miteinander konsequent sind."
Damit Deutschlands Gesundheitssystem diese Herausforderungen meistern könne, müsse die Ausbreitung des Virus und die Zahl der Infektionen verlangsamt werden. Deutschland müsse Zeit gewinnen, um Intensiv- und Behandlungskapazitäten in Krankenhäusern erhöhen. Aktuell reichen laut Susanne Herold, Leiterin der Abteilung Infektiologie des Uniklinikums Gießen, Schutzausrüstungen für zwei Wochen.
"Der Stillstand, den wir jetzt sehen, die Einschränkung der Freiheit vieler Bürgerinnen und Bürger, die wir jetzt sehen, die Einschränkungen im öffentlichen Lebens sind notwendig, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen", so Spahn.
Eine baldige vollständige Rückkehr zum öffentlichen Leben wie Deutschland es vor der Corona-Krise hatte, stellte der Minister nicht in Aussicht. Nach Ostern würden die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder den Nutzen der Maßnahmen bewerten.
"Es wird auch eine Zeit nach Corona geben. Es wird eine Zeit geben, in der wir noch gegen das Virus kämpfen, aber in der das Leben sich wieder schrittweise normalisiert", so Spahn. Dabei müsse man Konzepte entwickeln wie besonders gefährdete Gruppen geschützt, gepflegt und gut versorgt werden könnten.
Ein mögliches Instrument bei einer Lockerung der Ausgangsbeschränkungen könnte die Nutzung von Handydaten und digitaler Informationen sein, wie Südkorea es tue. Damit könnten Infektionsketten sehr schnell nachvollzogen werden. Es müsse eine gesellschaftliche Debatte drüber geben, ob der Nutzen in dem gegenwärtigen Krisenfall gewollt sei.
"Denn wir stehen ja möglicherweise vor der Frage, ob wir bestimmte Freiheiten des Alltags leichter zurückbekommen können, wenn es gleichzeitig möglich ist, sehr schnell Infektionsherde, neue Ausbrüche, neue Infektionsketten zu erkennen und dann auch entsprechend zu beenden", so Spahn.
Nach Angaben von Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), können in Deutschland jede Woche etwa 360.000 Corona-Tests vorgenommen werden.
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March 26, 2020 08:50 ET (12:50 GMT)
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