Von Herbert Rude
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Unsicherheit an den Märkten bezüglich der Auswirkungen der Coronakrise bleibt hoch. Trotzdem könnte sich die Erholung an den Aktienmärkten in der kommenden Woche fortsetzen. Voraussetzung ist, dass die Maßnahmen zum Eindämmen der Corona-Pandemie greifen und die Zahl der Neuerkrankungen zurückgeht. Anlass zur Hoffnung kommt von der Entwicklung in China, zum Sorgenkind Nummer eins könnten sich die USA entwickeln.
Zwar sei der Schaden durch den Shutdown schon jetzt enorm, sagt Heino Ruland von Ruland Research. "Ifo-Index, Exporterwartungen und Konsumklima deuten auf eine tiefe Rezession hin", sagt er. Die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen verschlechterten sich, erste Unternehmen haben bereits Dividendenausfälle angekündigt.
Dem stehen die Fiskalprogramme gegenüber: In den USA liegt das Volumen bei 10 Prozent, in Europa bei 8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Und die Notenbanken haben die geldpolitischen Schleusen weit geöffnet. Das ist ein Szenario, in dem die Märkte normalerweise bereits auf das Ende der Rezession setzen.
Allerdings: "In diesem Umfeld ist der Umgang mit Risiken und Unsicherheiten für Investoren eine Herausforderung", sagt Mobeen Tahir, Analyst beim Vermögensverwalter WisdomTree. Die Volatilität dürfte noch lange erhöht bleiben, erwartet er.
Übergeordnet stellt sich vor allem die Frage nach der Dauer des Shutdowns. Sollte er nach den Osterferien beendet werden, könnte sich die Situation wie in China schnell entspannen. Hinweise darauf dürften die Erholung an den Märkten vorantreiben. Ein längerer Shutdown dürfte dagegen eine weitere Abwärtswelle an den Märkten einleiten. Ein Risiko liegt auch darin, dass die USA in der Pandemie anscheinend hinter Europa liegen. Sollte sich die Situation dort weiter verschärfen, dürfte sich die Kurserholung an den US-Börsen als nicht nachhaltig herausstellen, warnt Robert Rethfed von Wellenreiter Invest.
Deutschland und Großbritannien Verlierer der Entwicklung
Langfristig könnten die Börsen in Großbritannien und Deutschland zu den Verlierern der Entwicklung zählen. Denn sie sind besonders stark in die Globalisierung eingebunden. Die aufgebrochenen Diskussionen über einen Rückbau der Globalisierung könnten DAX und FTSE-100 vergleichsweise deutlich bremsen.
Unter den Branchen dürften Pharma-Aktien und Biotechnologie-Titel zu den Gewinnern gehören, denn sie sind Teil der Lösung und nicht des Problems. Daneben zeigen Nahrungsmittelaktien wie Nestle und Unilever Relative Stärke. Auch Technlogie- und Telekom-Aktien könnten gestärkt aus der Krise hervorgehen. Neben den in die globalen Lieferketten eingebetteten Industrieunternehmen könnten auch Immobilien-Aktien unter der Krise leiden, besonders Unternehmen für Gewerbeimmobilien, falls sich der Trend zum Home Office verfestigt.
In der kommenden Woche stehen neben Daten zur Pandemie unter anderem die Einkaufsmanager-Indizes im Blick. Die chinesischen Indizes sollten sich kräftig erholen, die US-Indizes einbrechen. Am Freitag steht dann der US-Arbeitsmarktbericht auf der Agenda.
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March 27, 2020 06:28 ET (10:28 GMT)
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