Die wirtschaftsrelevanten Themen aus den Medien, zusammengestellt von Dow Jones Newswires.
RETTUNGSSCHIRM - Olaf Scholz (SPD) ist nicht gerade als Freund des gemeinsamen europäischen Schuldenmachens bekannt. Doch in der Corona-Krise wird der Ruf danach laut wie nie zuvor. Von italienischen Politikern sind inzwischen fast täglich flehende Appelle in deutschen Medien zu verfolgen. Und auch hierzulande kippt die Stimmung, zumindest in Teilen. So hält nun auch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft "Corona-Bonds" für die beste Option, um die Krise zu bekämpfen. Scholz weiß jedoch, wie groß die Vorbehalte in der deutschen Bevölkerung sind. Um die Rufe nach diesen Bonds abzuwehren, will er daher nach den umfassenden Maßnahmen auf nationaler Ebene einen europäischen Rettungsschirm aufspannen. Nach Handelsblatt-Informationen kristallisiert sich dessen Volumen heraus. Das Hilfspaket soll nach Vorstellung des Finanzministers mindestens 200 Milliarden Euro umfassen. Rund 100 Milliarden Euro sind für Kredite vorgesehen, mit denen der Euro-Rettungsschirm ESM notleidenden Staaten der Währungsunion wie Italien oder Spanien helfen kann. Anders als bislang sollen diese ESM-Kredite nicht an strenge Reform- oder Sparauflagen geknüpft sein. Einzige Bedingung wäre, das Geld für die Bekämpfung der Corona-Krise einzusetzen. Weitere 50 Milliarden Euro sollen über die Europäische Investitionsbank (EIB) bereitgestellt werden. (Handelsblatt S. 11)
KONJUNKTURPROGRAMM - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat angekündigt, dass sich der Bund und Bayern bei Bedarf im großen Stil an Unternehmen beteiligen werden. "Wir müssen verhindern, dass deutsche Unternehmen zu Übernahmekandidaten werden. Dazu könnten staatliche Beteiligungen ein wirksames Instrument sein", sagte Söder dem Handelsblatt. Bayern habe einen Beteiligungsfonds mit einem Umfang von 20 Milliarden Euro aufgelegt. Der Bund habe ein ähnliches Instrument mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro. "Wir sollten also großzügig davon Gebrauch machen, wenn es notwendig ist", sagte Söder. Das gelte für globale Konzerne, aber auch für Mittelständler und sogenannte Hidden Champions, die ins Visier von internationalen Investoren geraten könnten. "Wir brauchen eine Liste mit den Unternehmen, die technologisch für uns unentbehrlich sind", sagte der bayerische Ministerpräsident. (Handelsblatt S. 6)
ERNTEHELFER - In der Union wächst der Unmut über die Einreisebeschränkungen für Erntehelfer. Es gebe eine "verzweifelte Situation in den Saisonbetrieben der Landwirtschaft und im Gartenbau", warnten die Agrarpolitiker der Union in einem Schreiben an die Bundeskanzlerin. Betroffene Betriebe bräuchten "zwingend eine weitere Unterstützung durch Saisonarbeitskräfte aus anderen Mitgliedstaaten", heißt es in dem Schreiben, das die Unionsabgeordneten Gitta Connemann und Albert Stegemann unterschrieben haben. Das Einreiseverbot sei "unverzüglich aufzuheben". (SZ S. 1/FAZ S. 19)
VERMÖGENSABGABE - Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken hat eine teils hitzige Debatte ausgelöst. Sie hatte vorgeschlagen, Vermögende stärker an den Kosten der Corona-Krise zu beteiligen - mit einer Sonderabgabe. Sowohl aus Teilen der Opposition als auch vom Koalitionspartner Union kam Kritik an ihrem Vorstoß. Esken hatte im Interview mit der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten gesagt: "Wir werden eine faire Lastenverteilung brauchen - und die kann für die SPD nur so aussehen, dass sich die starken Schultern in Deutschland auch stark beteiligen." Sie halte daher "eine einmalige Vermögensabgabe" für eine der Möglichkeiten, die "Staatsfinanzen nach der Krise wieder in Ordnung zu bringen". Die SPD werde, so Esken weiter, "auf gar keinen Fall zulassen, dass dafür die Axt an den Sozialstaat angelegt wird". Wenige Tage zuvor hatte bereits die Linkspartei zur Finanzierung der Milliardenkosten in der Corona-Krise eine einmalige Vermögensabgabe auf große private Vermögen gefordert. (SZ S. 19)
BANKEN - Ausländische Banken fürchten Kreditausfälle. Die Coronakrise trifft Italien, Spanien und Griechenland besonders hart. Sie sind in hohem Maße vom Tourismus abhängig, und ihre Volkswirtschaften sind von kleinen und mittelgroßen Unternehmen geprägt. Vielen von ihnen fehlt es an Kapital und Liquidität. (Handelsblatt S. 30)
PHARMAPRODUKTION - Die deutschen Arzneimittelhersteller sprechen sich für eine Wiederansiedlung von Medikamenten-Produktionen in Europa aus, um die Gesundheitsversorgung in Deutschland auch in schwierigen Zeiten zu sichern. "Zur Erhöhung der Versorgungssicherheit sollte die Produktion von Arzneimitteln und Wirkstoffen in Deutschland und Europa gestärkt werden", sagte Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) Die EU sollte über Anreize nachdenken, "die Europäische Union als Standort für die pharmazeutische Industrie zu stärken und die Produktion von Wirkstoffen und Arzneimitteln in die Europäische Union zurückzuholen", fordert der Verband in einem aktuellen Positionspapier an die Bundesregierung, das den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt. (Funke Mediengruppe)
RECHTSSTAAT - Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat vor den Folgen der Corona-Krise für die Grundrechte gewarnt. Er sehe derzeit die Gefahr einer "Erosion des Rechtsstaats", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Angesichts drastischer Auswirkungen auf kleine Geschäfte mahnte er Regeln für die Entschädigung von Unternehmern an. Er warnte auch davor, auf überfüllten Intensivstationen jüngere, gesündere Patienten zu bevorzugen: "Leben darf nicht gegen Leben abgewogen werden." (SZ S. 2)
- Alle Angaben ohne Gewähr.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/pi/mgo
(END) Dow Jones Newswires
April 02, 2020 00:28 ET (04:28 GMT)
Copyright (c) 2020 Dow Jones & Company, Inc.