BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Ökostrombranche wehrt sich gegen Forderungen aus der Industrie, den beschlossenen CO2-Preis auf Heiz- und Kraftstoffe wegen der Corona-Krise auf 2023 zu verschieben. Dadurch würde "die dringend notwendige Wärme- und Mobilitätswende weiter blockiert", warnte die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, am Freitag in Berlin. Hintergrund sind die energiepolitischen Vorschläge, die der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in dieser Woche vorgelegt hat.
In dem vierseitigen Positionspapier zu Strom- und Klimafragen fordert der DIHK, "für eine Übergangsphase" Erleichterungen zu prüfen. Ganz konkret solle die für 2021 geplante nationale CO2-Bepreisung "für den Sektor Industrie um zwei Jahre" verschoben werden.
Der Erneuerbaren-Verband warnte indes, dass Deutschland damit im internationalen Wettbewerb um klimafreundliche Technologien weiter zurückfallen würde, während etwa China mit ambitionierten Investitionsprogrammen zum Beispiel die Elektromobilität weiter ausbaue.
Der DIHK forderte in seinem Papier aber auch Erleichterungen für den Ökostrom-Ausbau. So müssten die Fristen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für die Realisierung von Wind- und Solar-Projekten in den Ausschreibungen für dieses Jahr verlängert werden. Die von der Bundesnetzagentur ergriffenen Maßnahmen seien "nicht ausreichend", heißt es in dem Papier. "Wichtig dabei ist, dass die Krise nicht als Vorwand dafür genutzt wird, den Ausbau erneuerbarer Energien zu verzögern."
Zugleich warnte der Industrieverband vor Einnahmeausfällen auf dem EEG-Konto und in anderen Umlagesystemen, sollte die Stromnachfrage um zehn Prozent oder mehr sinken. Bei einem Verbrauchsrückgang von 25 Terawattstunden würden EEG-Einnahmen von rund 1,7 Milliarden Euro fehlen. "Dieses müsste durch eine Erhöhung der Umlage um circa 7 Prozent gegenüber dem Status quo ausgeglichen werden", heißt es dort weiter.
Diese Kosten dürften jedoch nicht wieder auf die Industrie abgewälzt werden. Unrealistisch sind die Schätzungen des DIHK nicht: So meldete der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, dass der Stromverbrauch in den ersten drei Tagen dieser Woche um 8,7 Prozent unter dem vier Wochen zuvor lag.
Zudem müsse eine Lösung für die besonders energieintensiven Unternehmen gefunden werden, die aufgrund der Krise nicht mehr produzieren, forderte der DIHK. Diese Betriebe drohen wegen des niedrigen Verbrauchs aus der Besonderen Ausgleichsregel im EEG herauszufallen und müssten damit die volle EEG-Umlage bezahlen. Neue Belastungen seien derzeit aber "in jedem Fall kontraproduktiv", so der DIHK.
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April 03, 2020 10:45 ET (14:45 GMT)
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