
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die in der nächsten Woche anstehenden Daten dürften den sich derzeit vollziehenden Absturz der US-Konjunktur illustrieren, wobei die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe erneut die aktuellste Messgröße ist. Neben Umfragedaten aus New York und Philadelphia kommen Daten zum Einzelhandelsumsatz und zur Industrieproduktion, die zeigen werden, wie schwer die USA von der Corona-Pandemie im März betroffen waren. Passend dazu informiert die US-Notenbank im Rahmen ihres Beige Book darüber, wie sie Arbeitsmarkt, Aktivität und Inflation beurteilt. Darüber hinaus kommen Nachrichten aus dem einstigen Epizentrum der Corona-Pandemie: China veröffentlicht BIP-Daten für das erste Quartal.
Es ist schwer, das Ausmaß des Konjunkturabsturzes in den USA genau zu verfolgen. Da die immer noch größte Volkswirtschaft der Welt nicht im gleichen Maße wie Europa über dämpfende Arbeitsmarktregularien oder automatisch wirkende finanzielle Stabilisatoren verfügt, läuft die Abwärtsbewegung rasant ab. Am besten messen lässt sich das am Arbeitsmarkt. Im März sank die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft um 700.000, nachdem sie im Vormonat noch um 275.000 gestiegen war.
Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe bei 6,6 Millionen
Aber selbst diese Vollbremsung im Nettobetrag von knapp 1 Million Jobs gibt die derzeit herrschenden Zustände am US-Arbeitsmarkt nicht richtig wieder. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind der zeitnaheste US-Konjunkturindikator und dazu ein sehr aussagekräftiger, weil Unternehmen und öffentliche Hand ihre Mitarbeiter relativ umstandslos entlassen können. Ihre Zahl ist von 200.000 Anfang März auf zuletzt 6,6 Millionen gestiegen, wobei die Zahl der neu hinzukommenden Erstanträge in der Woche zum 4. April etwas abnahm - wenn auch nicht so deutlich wie erwartet.
Aktuelle Daten werden am Donnerstag (14.30 Uhr) veröffentlicht. Gleichzeitig kommen Daten zur Zahl der Baubeginne und Baugenehmigungen. Die Entwicklung von Einzelhandelsumsätzen (14.30 Uhr) und Industrieproduktion (15.15 Uhr) wird am Mittwoch zeigen, wie stark sich der Shutdwon von Wirtschaft und öffentlichem Leben im März auf die Konjunktur ausgewirkt hat.
Ebenfalls am Mittwoch (14.30 Uhr) veröffentlicht die New York Fed ihren Empire-State-Index für März, der die Aktivität im verarbeitenden Sektor des Fed-Distrikts misst. Stadt und Staat New York sind besonders stark vom Corona-Ausbruch betroffen, der Fed-Distrikt umfasst aber noch ein weitaus größeres Gebiet. Am Freitag (14.30 Uhr) kommt der entsprechende Aktivitätsindex der Philadelphia Fed.
Fed veröffentlicht mit Beige Book Bestandsaufnahme zur US-Konjunktur
Eine Bestandsaufnahme der US-Notenbank zu Konjunkturentwicklung wird gleichfalls am Mittwoch (20.00 Uhr) das Beige Book liefern. Die aktuelle Ausgabe dürfte eine US-Wirtschaft im Shutdown zeigen. Beginnend an der West- und der Ostküste haben die Bundesstaaten im März das öffentliche und Wirtschaftsleben weitgehend stillgelegt. Andere große Staaten wie Florida und Texas folgten im April. Daten von Arbeitsmarkt zeigen einen raketenmäßigen Anstieg der Arbeitslosigkeit.
Allerdings hat die US-Notenbank auf die sich abzeichnende schwere Rezession bereits sehr entschlossen reagiert, so dass das Beige Book - eine Einschätzung von Konjunktur und Preisen durch die zwölf regionalen Zentralbanken der USA im Vorfeld der FOMC-Sitzung am 28./29. April - eher eine Bestätigung der schon getroffenen Lockerungsmaßnahmen als einen Ausblick auf zusätzliche Maßnahmen liefern dürfte.
Chinas BIP sinkt im ersten Quartal
Was das Coronavirus mit der chinesischen Wirtschaft gemacht hat, darauf dürften die am Freitag (4.00 Uhr) anstehenden Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Hinweise liefern. Volkswirte gehen davon aus, dass das BIP kräftig gesunken ist. Die Commerzbank etwa erwartet ein Minus auf Jahressicht von 6 Prozent. Im vierten Quartal war das BIP noch mit einer ebenso hohen Jahresrate gestiegen.
Viele Analysten hatten wegen des Handelsstreits mit den USA ohnehin eine Abschwächung für 2020 erwartet, nachdem das BIP 2019 laut staatlichen Angaben um 6,1 Prozent gestiegen war. So rechnete der Internationale Währungsfonds im Oktober mit 5,8 Prozent Wachstum. Ein Hoffnungszeichen für das Wachstum ist, dass China die Wirtschaft bereits Ende Februar wieder hochzufahren begann.
IWF veröffentlicht Weltwirtschaftsausblick
Auch die Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank dürften in diesem Jahr ganz im Zeichen der Corona-Krise stehen. Die Tagung der beiden Washingtoner Institutionen, um die sich traditionell auch immer Treffen der führenden 20 Industrie- und Schwellenländer (G20) und zahlreiche bilaterale Begegnungen ranken, findet nicht wie üblich in der US-Hauptstadt, sondern in einem virtuellen Format statt. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Prognosen des IWF für die globale Wirtschaft und für die Finanzstabilität.
Der Weltwirtschaftsausblick wird am Dienstag (14.30 Uhr) veröffentlicht. Der Globale Finanzstabilitätsbericht folgt um 17.00 Uhr und der Fiscal Monitor am Mittwoch (14.30 Uhr). Von Interesse ist aber auch, welche Ratschläge der IWF der Staatengemeinschaft für den Umgang mit den am stärksten betroffenen Ländern geben wird.
Am Dienstag (16.00 Uhr) veröffentlicht die Bank of Canada ihre geldpolitischen Entscheidungen.
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April 09, 2020 10:28 ET (14:28 GMT)
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