
FRANKFURT (Dow Jones)--Der ab 2015 in Deutschland eingeführte Mindestlohn hat nach Erkenntnissen des Münchener Ifo-Instituts deutlich messbare Verdrängungseffekte ausgelöst. "In der Summe erhält man Beschäftigungsverluste durch den Mindestlohn zwischen 129.000 und 594.000 Arbeitsplätzen", schreiben Marcel Thum, Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden, und Koautoren in einem Aufsatz.
Anhand mittlerweile vorliegender Evaluationsstudien lasse sich einigermaßen gut abschätzen, wie viel Arbeitsvolumen durch den Mindestlohn verdrängt worden sei, erklärt Thum. Ausschlaggebend sei die Verringerung der Arbeitszeit. "Wenn die Firmen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter reduzieren, sinkt das insgesamt geleistete Arbeitsvolumen", schreiben die Autoren. "Gesamtwirtschaftlich handelt es sich ebenfalls um einen Beschäftigungsabbau."
Dass weniger Arbeitsvolumen verdrängt wurde, als in Prognosen vorhergesagt, liegt laut Ifo nicht zuletzt an der Umgehung des Mindestlohns. Die Daten legten nahe, dass 2016 nur 47 Prozent der Lohnerhöhung erfolgten, die man aufgrund der Einführung des Mindestlohns eigentlich hätte beobachten müssen.
Laut Ifo führte der Mindestlohn zudem nicht zur erhofften Einkommenserhöhung bei Geringverdienern. "Im ersten Jahr der Einführung des Mindestlohns machte die Arbeitszeitreduktion die Stundenlohnerhöhungen nahezu vollkommen wett", schreiben die Autoren. "Aber auch diejenigen Mindestlohnempfänger, die im gleichen Umfang wie bisher arbeiten, haben nicht viel vom Mindestlohn."
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April 15, 2020 07:39 ET (11:39 GMT)
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