FRANKFURT (Dow Jones)--Eine spannende Woche steht den Aktienmärkten bevor. Denn wieder einmal stehen sie vor einer Wegscheide: War die Erholung nur eine Bärenmarktrally nach übertriebenen Verlusten oder stellt sich die Zukunft tatsächlich substanziell besser als befürchtet dar?
Die Bereitschaft, gute News auch in steigende Kurse umzumünzen, ist jedenfalls da: Schon die starke Kursreaktion im DAX am Freitag nach Berichten über Heilerfolge mit einem Medikament von Gilead in den USA hat gezeigt, wie untergewichtet professionelle Anleger in Aktien sind. "Das Risiko für sie liegt in nach oben weglaufenden Kursen", sagte ein Händler. Das sogenannte "Upside Risk" für Fondsmanager ist gegenwärtig sehr hoch: Wie die jüngste Funds Manager Survey der Bank of America zeigte, liegt die Cash-Quote der Anlageprofis bei 5,9 Prozent ihres Anlagevermögens. Das ist extrem und auf dem Niveau nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.
Bei steigenden Kursen wäre dies totes Kapital, auf das sie keine Rendite erzielen können. Zum Jahresende würden sie dann gegen Börsenindizes wie DAX und MSCI fürchterlich schlecht aussehen - denn Indizes und die darauf begebenen ETFs sind zu 100 Prozent investiert.
Selten war "Zeit ist Geld" für die Börse wichtiger
Jede gute Meldung zum Thema Virus dürfte daher mit kräftigen Kursgewinnen honoriert werden. So wie auch aus Deutschland die Meldung des Robert-Koch-Instituts, dass ein Kranker nur noch 0,7 Gesunde anstecke. Die Bundeskanzlerin hatte Werte unter 1,1 gefordert, damit weitere Öffnungsmaßnahmen der Wirtschaft möglich werden.
Eine kürzere Zeitdauer des "Lockdown" wird von den Börsen Eins zu Eins in Gewinne umgerechnet: Denn je eher die globalen Volkswirtschaften zur Arbeit zurückkehren können, desto geringer wird der Gewinnausfall im Gesamtjahr - und desto höher können entsprechend die Kurse steigen.
Sorgen macht zweite Viruswelle - und der Konsument
Die größte Angst aller Marktteilnehmer ist daher auch eine mögliche zweite Infektionswelle. Auf dem nun erreichten Erholungsniveau wäre das desaströs. Schließlich hat der DAX binnen nur eines Monats über zweitausend Punkte allein aufgrund von Hoffnungen zugelegt. Selbst zu schnelle Öffnungen der regionalen Volkswirtschaften sehen Fondsmanager daher skeptisch. Das bedächtige Vorgehen Deutschlands wird oft als guter Mittelweg angeführt.
Eine zweite Sorge bleibt aber die völlige Nichtplanbarkeit der Nachfrage in sämtlichen Branchen. So hatten Händler im Wochenverlauf zwar begrüßt, dass VW ab dem 20. April mit der Wiederaufnahme der Produktion starten will. Völlig unklar ist aber, wie hoch die Lust der Konsumenten am Autokauf ausfallen wird. Analysten wie von der UBS unterstrichen dabei, dass angesichts der Umstände wohl zusätzliche Impulse wie Abwrackprämien notwendig seien..
Das generelle Kaufargument von billigen Aktien können Anleger zudem nicht mehr anführen. Eine aktuelle Rechnung der Commerzbank unterstreicht, dass der DAX-Einbruch dessen Kurs-Gewinn-Verhältnis zwar von 14 auf 9 gedrückt habe. Mittlerweile sei es aber schon wieder auf das 13-fache zurückgeklettert.
Dreh- und Angelpunkt weiterer Kursgewinne dürfte daher eine Kombination guter Nachrichten sein: Fortschritte bei Antivirus-Medikamenten, fallende Neuinfektionen, Hoffnung auf eine baldige Rückkehr der Wirtschaft zur Normalität und speziell in den USA ein Ende der Entlassungswellen.
Ausblicke bei Unternehmen und PMIs im Fokus
Der Markt wird kommende Woche stark auf den Tonfall der Unternehmensausblicke im Rahmen der anlaufenden Berichtssaison achten. In den USA gibt sie bereits Vollgas mit Erstquartalszahlen von Intel, IBM und AT&T bis hin zu Philip Morris und Netflix.
In Europa werden noch überwiegend nur Umsatzdaten vorgelegt; so von Unilever, Nestle, Danone, Peugeot und Renault bis hin zu Roche, STMicro und Heineken. Auf der Konjunkturseite kommt auf die Märkte aber gleich die volle Breitseite der wichtigsten Daten zu: Vom ZEW-Index am Dienstag über die neuen Einkaufsmanager-Indizes (PMIs) am Donnerstag bis zum Ifo-Index am Freitag.
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April 17, 2020 07:35 ET (11:35 GMT)
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