Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann findet die in dieser Woche veröffentlichten Wachstumsprognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) offenbar nicht zu pessimistisch. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg machte Weidmann außerdem deutlich, dass er bei der finanziellen Bewältigung der Corona-Krise vor allem die Fiskalpolitik in der Pflicht sieht und auch "nationale Solidarität" erwartet. "Der IWF hat mit seinen jüngsten Prognosen ein generell plausibles Szenario entworfen, das von der Annahme ausgeht, dass die Pandemie in der zweiten Jahreshälfte abflaut und die Eindämmungsmaßnahmen langsam zurückgefahren werden können", sagte Weidmann.
Der IWF prognostiziert in seinem aktuellen Weltwirtschaftsausblick für das laufende Jahr einen Rückgang des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,0 Prozent und rechnet für Deutschland mit einem BIP-Minus von 7,0 Prozent. Die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute hatten Anfang des Monats einen BIP-Rückgang von nur 4,2 Prozent prognostiziert. Der Bundsbank-Präsident wies zudem darauf hin, dass der IWF für seine Prognose noch Abwärtsrisiken sieht. "Wenn die Ansteckungszahlen unter Kontrolle bleiben, wird die Wirtschaft wieder Schwung aufnehmen, aber für Deutschland als ein Land, dass stark in die internationale Arbeitsteilung eingebunden ist, ist auch wichtig, was in den Partnerländern passiert", sagte Weidmann.
Auf die Frage, ob die zunehmenden Renditeabstände von Staatsanleihen europäischer Peripherieländer darauf hindeuteten, dass deren finanzieller Spielraum erschöpft sei und die Europäische Zentralbank (EZB) deshalb die Hauptlast der Krisenbewältigung tragen müsse, sagte Weidmann: "Es muss klar signalisiert werden, dass die notwendigen Maßnahmen kommen und dass fiskalische Nachhaltigkeit langfristig gewährleistet wird."
Laut Weidmann erfordert das auf der einen Seite nationale Solidarität. 2014 hatte die Bundesbank eine Vermögensabgabe zur Bewältigung der damaligen Krisenlasten ins Spiel gebraucht. Dabei gehört Deutschland zu den Ländern mit einem niedrigen Durchschnittsvermögen (Medianwert). Italiener sind vergleichsweise vermögender. Allerdings besteht ihr Vermögen oft aus Wohnimmobilien. Andererseits, so sagte Weidmann weiter, brauche es auch internationale Solidarität.
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April 17, 2020 08:40 ET (12:40 GMT)
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