Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, hält die wirtschaftlichen Lasten aus der Bekämpfung des Coronavirus für unfair verteilt und fordert einen Ausgleich dafür. Während die gesamte Gesellschaft vom Eindämmen des Virus profitiere, trügen die Lasten der Virusbekämpfung vor allem jene Unternehmen, die in einer von den Gesundheitsauflagen besonders betroffenen Branche tätig seien - wie etwa dem Tourismus oder der Gastronomie. Sie starteten überschuldet in die Zeit nach der Krise, was die Erholung hemme.
Deshalb müsse für die Wirtschaftspolitik neben der Schadensbegrenzung der faire Ausgleich der Lasten zum Maßstab werden, forderte Felbermayr. "Wenn es nicht zu einem Lastenausgleich kommt, wird das Eigenkapital vieler Unternehmen stark angegriffen, was sich als schwere Hypothek für einen Aufschwung nach der Krise herausstellen könnte", warnte der IfW-Chef. Zwar könnten die besonders betroffenen Unternehmen bei ausbleibendem Umsatz auch von Kreditprogrammen, Zuschüssen und Kurzarbeiterregelungen profitieren. Aber damit steige meist auch ihre Verschuldung.
Gleichzeitig arbeiteten sie unter einem für sie nicht beherrschbaren Risiko weiter, da ihr Geschäft auf noch nicht absehbare Zeit von den Behörden untersagt oder eingeschränkt sei. "Wenn die Unternehmen jetzt wüssten, dass sie am Ende nicht alleine auf den Lasten sitzen bleiben, könnten sie zuversichtlicher und mit größerer Sicherheit für die Zukunft planen", betonte Felbermayr. "Nur dann werden auch die bereits beschlossenen Liquiditätshilfen ihre volle Wirkung entfalten können."
Felbermayr und IfW-Kiel-Konjunkturchef Stefan Kooths schlugen deshalb vor, dass frühzeitig ein Lastenausgleich angekündigt werde. Konkret könnte der Staat zusagen, die in der jeweiligen Branche durchschnittlich entstehenden Einkommensausfälle im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 zu einem noch festzulegenden Anteil auszugleichen. Bereits erhaltene Corona-Hilfen würden dabei angerechnet. Die öffentliche Hand solle bei allen Krediten nur anteilig bürgen, damit die privaten Kreditgeber weiterhin einen Anreiz für ernsthafte Bonitätsprüfungen hätten. Die für die zusätzlichen Zahlungen des Staates notwendigen Schulden müssten in den Folgejahren abgetragen werden.
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April 22, 2020 05:16 ET (09:16 GMT)
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