BERLIN (Dow Jones)--Verbraucher sollen vor unverhältnismäßigen Inkassokosten besser geschützt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet. Die derzeitigen Inkassokosten seien im Verhältnis zum Aufwand und im Verhältnis zur zugrunde liegenden Forderung "vielfach deutlich zu hoch", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Die Bundesregierung strebe daher "ein wirtschaftlich sinnvolles Inkasso" an, die Schuldner nicht übermäßig belaste.
"Das ist gerade in der aktuellen Situation wichtig, da viele Verbraucher unverschuldet wegen der Corona-Pandemie in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnten", betonte Seibert. Entlastet werden sollen insbesondere Schuldner, die sich um eine zügige Begleichung der Forderungen bemühten. Auch bei kleineren Beträgen sollen die Gebühren sinken.
Anders als von den Verbraucherzentralen gefordert, wird die Aufsicht über die Inkasso-Unternehmen allerdings nicht bundesweit zentralisiert. Eine bundesweit einheitliche Aufsicht würde die Transparenz für Bürger erhöhen und Gerichte entlasten, lautete das Argument. Ein Sprecher des Justizministeriums sagte, der Gesetzentwurf würde dennoch zu mehr Aufsicht führen. Denn die zuständigen Aufsichtsbehörden müssten jedes Mal genannt werden.
Inkasso-Industrie sieht "Überdosis Schuldnerschutz"
Scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf kam von der Inkasso-Industrie. Er belaste einseitig die Wirtschaft, mache Gläubigern den Einzug ihrer Forderungen in vielen Fällen wirtschaftlich unmöglich und vergesellschafte so die Kosten schlechter Zahlungsmoral. "Das Gesetz konfrontiert die Wirtschaft mit einer Überdosis Schuldnerschutz", erklärte die Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU), Kirsten Pedd.
Der Verband rechnet allein für die Branche mit Einnahmeeinbußen von rund 30 Prozent - bei gleichbleibendem Arbeitsaufwand. "Das Gesetz wird dazu führen, dass deutlich mehr Gläubiger auf ihren berechtigten Zahlungsansprüchen sitzen bleiben." Dabei stehe die Wirtschaft vor einem beispiellosen Konjunktureinbruch, zehntausende Unternehmen seien akut von Insolvenz bedroht. "Notwendig wären liquiditätssichernde Maßnahmen, um über diese Krise zu kommen."
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April 22, 2020 07:40 ET (11:40 GMT)
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