
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat als Konsequenz aus der Corona-Krise Fortschritte für eine umfassende gemeinschaftliche Fiskalpolitik in Europa angemahnt. Nur so seien solidarische Hilfspakete für von der Krise wirtschaftlich besonders getroffene Länder der Europäischen Union (EU) möglich, sagte Scholz im ZDF. "Wir werden solche großen Solidaritätspakete nur machen können, wenn wir auch einen Schritt weiter gehen in Richtung Fiskalunion", erklärte der Vizekanzler in der Sendung "Was nun, Herr Scholz?".
Scholz drang in der im Internet von dem Sender übertragenen Aufzeichnung der Sendung, die am Abend ausgestrahlt werden sollte, auf Harmonisierungen im Fiskalbereich als Voraussetzung für eine europäische Schuldenaufnahme zur Bewältigung der Krise. "Jemand, der so etwas tut, der braucht auch Einnahmen und Ausgaben miteinander als Europa, und es kann nicht dabei bleiben, dass wir dann 27 völlig getrennte Staaten sind, die nichts gemeinsam haben auf dieser europäischen Ebene." Es werde notwendig sein, "bestimmte Sachen zu harmonisieren". Scholz nannte eine Mindestbesteuerung und gemeinsame Einnahmen etwa aus einer Finanztransaktionssteuer oder Emissionshandelserlösen.
Mit Blick auf die EU-Gipfelberatungen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise sagte der Vizekanzler, man müsse einen "starken Wiederaufbaufonds zustande bringen". Entschieden werden müsse dies in Verbindung mit dem EU-Haushalt, erklärte er auf die Frage der von Deutschland abgelehnten Corona-Bonds. Man müsse die Hilfen "hinbekommen im Rahmen der Verträge, die wir in Europa geschlossen haben".
Der 2021 beginnende mehrjährige EU-Finanzrahmen biete eine gute Gelegenheit, zu Beginn starke Investitionsmöglichkeiten zu schaffen und dann über einen längeren Zeitraum zu helfen. "Garantien sind dafür nicht zwingend erforderlich", betonte Scholz. Kreditaufnahmen der EU-Kommission könne man zu einem größeren Teil aus Eigenmitteln garantieren.
Zum Bundeshaushalt zeigte sich Scholz zudem überzeugt, dass die zusätzlich aufgenommenen Mittel letztlich getilgt würden, ohne "in die Krise hineinzusparen". Bewilligt worden seien 100 Milliarden Euro zusätzliche Kredite oberhalb der Schuldengrenze, die in 20 Jahren zurückgeführt werden sollten. Gemessen an einem Bundeshaushalt mit einem normalen Volumen von etwa 360 Milliarden Euro sie dies "eine überschaubare Summe ..., die dann Jahr für Jahr nachbleibt".
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April 23, 2020 13:06 ET (17:06 GMT)
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