
BERLIN (Dow Jones)--Im Streit mit der EU-Kommission um eine Gutscheinlösung für abgesagte Pauschalreisen hat die Bundesregierung offenbar mehrere Länder auf ihrer Seite. "Viele EU-Mitgliedsstaaten haben diese Lösung gewählt, haben bereits heute eine entsprechende gesetzliche Regelung", sagte der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), im Anschluss an eine Videokonferenz mit seinen europäischen Amtskollegen. Die EU-Minister seien sich auch "relativ" einig, dass auch nationale Umsetzungen möglich sein müssten.
Um die Frage, wie den von der Corona-Krise besonders stark betroffenen Reiseunternehmen geholfen werden könne, tobt schon länger ein Streit zwischen Berlin und Brüssel. Die Bundesregierung will eine verpflichtende Gutscheinlösung. Die Coupons sollen bis Ende 2021 befristet sein. Dies würde Veranstaltern wie Reisebüros Sicherheit und Liquidität bieten und sei auch ein wichtiges Signal an die Verbraucher, so Bareiß. Nach EU-Recht haben aber die Kunden die Wahl, ob sie einen Gutschein annehmen oder eine Erstattung bevorzugen. Deswegen lehnt die Kommission die von Deutschland geforderte Lösung ab.
Bareiß betonte, die EU-Mitgliedsstaaten wollten mit der Kommission Einigkeit erzielen und eine EU-rechtskonforme Lösung finden. Leider dauere der Abstimmungsprozess jedoch "sehr, sehr lange". Insgesamt 4000 Reiseveranstalter in Europa hätten einen enormen Finanzierungsengpass, warnte der CDU-Politiker. "Wir befürchten, dass hier eine Lawine losgetreten werden kann, die viele Unternehmen auch in Konkurs drängt."
Keine Empfehlung für Reisen ins EU-Ausland - Öffnung nur schrittweise
Mit Blick auf eine mögliche Öffnung des Reisemarktes erklärte der parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, ein Neustart sei zwar wichtig und werde auch von Ländern wie Griechenland, Portugal oder Spanien gewünscht, könne aber nur Schritt für Schritt erfolgen. Deswegen habe keiner der Beteiligten sagen können, "ob wir im Sommer einen Urlaub auf Mallorca oder in Griechenland durchführen können". Es gebe "keine klare Empfehlung" für Reisen ins EU-Ausland. Zudem sei die Tourismusbranche selbst an einem hohen Sicherheitsstandard interessiert, da Vorfälle wie in Ischgl einen dauerhaften Imageschaden bedeuteten.
Dennoch zeigte sich Bareiß optimistisch, dass Reisen innerhalb Deutschlands möglich sein könnten. Beispielsweise könnten Ferienwohnungen öffnen oder kleinere Hotels, wenn sie die Hygiene- und Abstandsregeln einhalten könnten. Bei Freizeiparks oder Touristen-Magneten wie Schloss Neuschwanstein müsse indes zunächst ein Konzept erstellt werden, damit "diese Hotspots nicht zu Infektionsherden werden".
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April 27, 2020 10:17 ET (14:17 GMT)
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