BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat die geplante Erhöhung des Kurzarbeitergeldes massiv kritisiert. Die pauschalen Anhebungen dienten nicht der gezielten Bekämpfung von Notlagen im Einzelfall, "sondern befeuern Erwartungshaltungen an den Sozialstaat, die ihn langfristig finanziell völlig überfordern werden", hieß es in einer Stellungnahme des Verbandes zum Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
Es würden "unerfüllbare Ansprüche" an den Sozialstaat geweckt, wenn selbst besonders gut verdienende Facharbeiter bei 50 Prozent Arbeitsausfall auf Niveaus von über 90 Prozent ihres normalen Nettoeinkommens in der größten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit abgesichert würden. "Das Ganze bezahlen durch ihren Sozialversicherungsbeitrag auch Menschen, die selbst deutlich weniger verdienen und gar nicht in Kurzarbeit sind, sondern voll durcharbeiten wie zum Beispiel Kassiererinnen und Pflegekräfte."
In dem Papier rechnete der BDA vor, dass etwa ein Beschäftigter mit zwei Kindern und einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5.000 Euro in der Steuerklasse III in Kurzarbeit über 87 Prozent seines regulären Nettoeinkommens verdiene, obwohl er nur noch zur Hälfte arbeitet. Nach der im Gesetzentwurf geplanten Erhöhung würde er ab dem vierten Monat sogar über 91 Prozent und ab dem siebten Monat über 94 Prozent des regulären Nettoeinkommens verfügen. Dabei verfügt jemand trotz einer Halbierung seiner Arbeitszeit mit Kindern schon jetzt über fast 90 Prozent seines regulären Nettoeinkommens. "Worin hier eine soziale Härte bestehen soll, erschließt sich nicht."
Der BDA monierte weiter, "dass die Rücklagen der Arbeitslosenversicherung auch von Arbeitgebern mit Kleinbetrieben mitfinanziert wurden, die jetzt möglicherweise überhaupt kein Einkommen erzielen, sondern um ihre Existenz kämpfen müssen. Das ist eine Überdehnung des Sozialstaats mit der Gießkanne." Es stelle sich schnell die innerbetriebliche Gerechtigkeitsfrage, "wer von den Beschäftigten in Kurzarbeit gehen darf, und wer der 'Dumme' ist, der voll weiterarbeiten muss".
Der BDA zog das Fazit, dass die verlorene Balance "völlig unrealistische Erwartungshaltungen an den Sozialstaat" schüre. Damit gefährde er gerade auch nach der Corona-Krise seine finanzielle Tragfähigkeit.
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April 28, 2020 05:35 ET (09:35 GMT)
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