Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Frankfurter Jurist Christoph Schalast rechnet nicht damit, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit seinem kommende Woche anstehenden Urteil zum APP-Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) den Ankauf von Staatsanleihen ernsthaft erschweren wird. Schalast, der an der Frankfurt School of Finance unter anderem Europarecht lehrt, sagte: "Ich denke, das Bundesverfassungsgericht wird das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mit Anmerkungen, Ecken und Kanten akzeptieren." Das Urteil wird am Dienstag um 10.00 Uhr verkündet.
Im Juli 2017 hatten die Karlsruher Richter mehrere Verfassungsbeschwerden an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergeleitet, begleitet von der Einschätzung: Gewichtige Gründe sprächen dafür, dass die dem Anleihekaufprogramm zugrundeliegenden Beschlüsse gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung verstießen sowie über das Mandat der Europäischen Zentralbank für die Währungspolitik hinausgingen.
Nach Erhalt eines (gegenteiligen) Urteils der Luxemburger Richter im Dezember 2018 hatten die Karlsruher Richter darüber im Juli 2019 mündlich verhandelt. Nun, nach einer coronabedingten Verzögerung, wollen die Karlsruher Richter ihr eigenes Urteil sprechen. Schalast geht davon aus, dass sich das Gericht tatsächlich nur zum APP äußern wird, dass seit dem Beginn des Verfahren herunter und wieder hochgefahren wurde - nicht zu dem gerade erst beschlossenen Pandemiekaufprogramm PEPP.
"Es darf sich nur zum APP äußern, denn nur zu diesem Programm hat es dem EuGH Fragen vorgelegt", sagte Schalast. Beobachter werden vor allem darauf achten, ob der Spruch der Richter geeignet ist, die Flexibilität der EZB bei der Wahl ihrer Mittel einzuschränken und damit auch ihre Fähigkeit, die Eurozone notfalls weiterhin im Alleingang zusammenzuhalten.
Schalast geht davon aus, dass gegen das PEPP neue Beschwerden auf den Weg gebracht werden. "Jedes Programm wird vor Gericht geprüft werden - das Bundesverfassungsgericht lädt dazu ein, indem es solche Beschwerden zulässt", sagte der Jurist. Er selbst sei der Ansicht, dass für europarechtliche Dinge tatsächlich nur der EuGH zuständig sei.
"Die gesamten Programme der EZB werden ja von der Bundesregierung uneingeschränkt mitgetragen", sagte er. Was da vor Gericht stattfinde, sei die Verrechtlichung einer politischen Diskussion.
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April 28, 2020 12:01 ET (16:01 GMT)
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