
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Vizepräsident Luis de Guindos hat die Europäische Zentralbank (EZB) gegen den Vorwurf in Schutz genommen, die negativen Nebenwirkungen ihrer Geldpolitik nicht genug zu berücksichtigen. Er reagierte damit indirekt auf den Vorwurf des Bundesverfassungsgerichts, nicht ausreichend die Angemessenheit ihrer Staatsanleihekäufe begründet zu haben.
"Wir versuchen ständig, die potenziellen Nebenwirkungen unserer Politik zu messen. Wenn wir eine Entscheidung treffen, dann deshalb, weil wir glauben, dass der Nutzen dieser Maßnahme deutlich schwerer wiegt als die Gegenargumente und negativen Auswirkungen", sagte de Guindos in einer Anhörung des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europaparlaments.
Er beantwortete damit die Frage eines Abgeordneten, der sich seinerseits auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezogen hatte, erwähnte dessen Urteil aber nicht.
Das Verfassungsgericht hatte am Dienstag entschieden, dass die Bundesbank ihre Beteiligung an den Staatsanleihekäufen des Eurosystems in spätestens drei Monaten einstellen (und die erworbenen Anleihen verkaufen) müsse, wenn die EZB bis dahin nicht "nachvollziehbar darlegt, dass die mit dem (Staatsanleihekaufprogramm) PSPP angestrebten währungspolitischen Ziele nicht außer Verhältnis zu den damit verbundenen wirtschafts- und fiskalpolitischen Auswirkungen stehen".
Der Frage eines anderen Abgeordneten, ob die EZB bereit sei, im Falle des Ausfalls einer nationalen Zentralbank selbst deren Staatsanleihen zu kaufen, wich de Guindos aus. Die EZB hatte in einer offiziellen Reaktion auf das Urteil darauf hingewiesen, dass der Europäische Gerichtshof ihr Staatsanleihekaufprogramm als rechtmäßig eingestuft habe. Das deutsche Verfassungsgericht hatte dieses Urteil in einem bisher nicht dagewesenen Vorgang als in Deutschland ungültig bezeichnet.
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May 07, 2020 04:20 ET (08:20 GMT)
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