
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hat in der Diskussion um ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) klargestellt, dass sie damit nicht grundsätzlich die vorrangige Rolle des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) infragegestellt sieht. "Es gilt nach wie vor, dass der Europäische Gerichtshof der sogenannte Hüter der europäischen Verträge ist - und das hat auch das Bundesverfassungsgericht nach unserer Auffassung nicht angezweifelt", betonte Regierungssprecher Steffen Seibert bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Die Karlsruher Richter hätten lediglich angemahnt, in diesem Fall eine sorgfältige Abwägung und Begründung vorzunehmen. "Den grundsätzlichen Auslegungsvorrang des Europäischen Gerichtshofs zweifelt nach unserer Analyse des Urteils das Bundesverfassungsgericht nicht an", stellte Seibert klar. Es sei "unzweifelhaft" die Aufgabe und das Recht der Europäischen Kommission, darüber zu wachen, dass das Recht in der gesamten EU durch die Mitgliedstaaten korrekt angewandt und umgesetzt werde.
"Und es ist auch verständlich, dass das Karlsruher Urteil aus Sicht der Europäischen Kommission Fragen aufwirft", hob er hervor. "Diese Fragen wird sie der Bundesregierung stellen, und die Bundesregierung wird diese Fragen beantworten." Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Dennis Kolberg, bekräftigte, "dass wir alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, die sich aus der Integrationsverantwortung der Bundesregierung ergeben". Man stehe im Austausch mit allen beteiligten Institutionen.
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May 11, 2020 08:08 ET (12:08 GMT)
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