Von Stefanie Haxel
FRANKFURT (Dow Jones)-Der Chef des Flughafenbetreibers Fraport erwartet, dass sich der Luftverkehrsmarkt nach der Corona-Krise auf einem Niveau einpendeln wird, das etwa 15 bis 20 Prozent unter dem Niveau des vergangenen Jahres liegen dürfte - allerdings erst 2023. Da zudem die Fluggesellschaften wie die Lufthansa ihre Flotten verkleinern und der Wettbewerbsdruck zwischen den Flughäfen zunehmen dürfte, müsse auch die Fraport AG sich effizienter aufstellen, sagte Stefan Schulte am Montagabend in einer virtuellen Veranstaltung zu Journalisten.
"Dann müssen wir natürlich die Ressourcen entsprechend anpassen", sagte Schulte und verwies auf den Flughafen Düsseldorf, der laut Berichten bereits über einen Stellenabbau nachdenkt. Zu Details äußerte sich der CEO nicht. Details dazu gebe es noch nicht, Fraport müsse die Marktentwicklung erst ein Stückweit abwarten, müsse etwaige Maßnahmen aber in den nächsten Monaten angehen und sich unter anderem auch mit den Tarifpartnern zusammensetzen. Fraport hatte im März erklärt, betriebsbedingte Kündigungen ausschließen zu wollen.
Schulte: dritter Terminal nach wie vor sinnvoll
Die Passagierzahlen am Flughafen Frankfurt liegen aktuell nur bei rund 3 Prozent des Vorjahresniveaus und auch das Frachtaufkommen ist gesunken, wenn auch vergleichsweise moderat. Terminal 2 ist seit Anfang April geschlossen, ebenso ein Teil des Terminal 1 und zwei Landebahnen.
Dennoch hält Schulte den Bau eines dritten Terminals nach wie vor für sinnvoll, denn langfristig sei wieder mit Wachstum zu rechnen. Eigentlich hätte Fraport den neuen Terminal schon im Jahr 2019 gut gebrauchen können, als in Frankfurt fast 70 Millionen Passagiere abgefertigt wurden und die bestehenden beiden Terminals teilweise überlastet waren. "Selbst wenn wir also kleiner starten, werden wir dauerhaft das Terminal 3 brauchen", sagte der CEO.
Allerdings gebe es durch die Coronavirus-Pandemie Verzögerungen beim Bau, weil etwa die Mitarbeiter von Subunternehmern nicht einreisen dürfen oder Material nicht geliefert werden kann. Es sei aber noch zu früh, um zu sagen, wie stark der Bau dadurch in Verzug komme. Bisher erwartet Fraport die Fertigstellungen Ende 2023. Angesichts der niedrigeren Nachfrage habe Fraport aber auch mehr Zeit.
Auch die Investition in die 14 Regionalflughäfen Flughäfen in Griechenland sei richtig gewesen. Dass es bei langfristigen Konzessionen auch mal schwierig werden könne, sei kalkuliert, sagte Schulte mit Blick auf die Türkei. "Das haben wir in der Türkei auch schon zweimal gehabt und trotzdem ist Antalya ein exzellentes Engagement", sagte er. "Da mache ich mir im Moment wenig Gedanken".
Keine Staatshilfe, aber trotzdem staatliche Unterstützung
Staatshilfen will Fraport nicht beantragen, der Konzern verfügt laut Schulte aktuell über eine Liquidität von 2,5 Milliarden Euro. Gleichwohl hat der Flughafenverband ADV, dessen Präsident Schulte ist, an die Politik appelliert, den Flughäfen finanziell unter die Arme zu greifen. Schließlich seien diese "im besten Interesse des Landes" weiterhin betriebsbereit und könnten angeflogen werden, obwohl dies wirtschaftlich keinen Sinn mache.
Die Fixkosten von Fraport bezifferte Schulte - konzernweit und nach den bereits ergriffen Maßnahmen zur Kostensenkung - auf "ein Stück unter 100 Millionen Euro im Monat". Rechne man den kleinen Restumsatz und die Investitionsausgaben ein, liege die Cash-Burn-Rate im monatlichen Durchschnitt bei etwa 150 Millionen Euro.
Mit Blick auf Reisebeschränkungen in vielen Ländern, auch innerhalb Europas, sagte Schulte, man müsse nun abwarten ob es der EU-Kommission gelinge, harmonisierte Regelungen zu finden. Auch hänge dies sehr stark davon ab, wie sich die Zahl der Corona-Infizierten in den jeweiligen Ländern weiter entwickele und ob ein entsprechendes Schutzkonzept auf den Weg gebracht werde. Dank der aktuell recht leeren Terminals könne ein solches, etwa mit Blick auf die Abstandsregeln, von Fraport gut umgesetzt werden. Allerdings müssten diese auch irgendwann wieder "vom Tisch genommen werden".
Erwartet Rezession dürfte Nachfrage dämpfen
Zwar sei wieder ein leichter Anstieg der Nachfrage zu verzeichnen, jedoch von dem aktuell extrem niedrigen Niveau. "Aus heutiger Sicht wäre ich schon sehr glücklich, wenn wir es schaffen würden, im Dezember oder im November wieder etwa 30 oder 35 Prozent des Verkehrs zu sehen", sagte Schulte "Vielmehr würde ich heute nicht erwarten."
Für 2021 rechnet Schulte mit einem Marktvolumen von etwa der Hälfte des dann für 2023 erwarteten Marktes, 2022 könnten es nach aktuellen, naturgemäß mit Unsicherheiten behafteten Prognosen schon 80 Prozent sei.
Im sogenannten Leisure-Segment, den Freizeitreisen, erwartet Schulte grundsätzlich keine Änderung der Nachfrage. Allerdings sei mit einer sehr tiefen Rezession zu rechnen und in der Folge mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen. "Damit wird natürlich auch ein Teil der Kaufkraft fehlen", sagte der CEO.
Im Geschäftskundenbereich werde ein Teil des Segments vermutlich langfristig wegfallen - Dank der während der Pandemie gemachten Erfahrungen der Unternehmen mit Videokonferenz. Zudem sei angesichts der erwarteten Rezession mit einem höheren Kostendruck bei Unternehmen zu rechnen.
Kontakt zur Autorin: stefanie.haxel@wsj.com
DJG/sha/jhe
(END) Dow Jones Newswires
May 12, 2020 06:00 ET (10:00 GMT)
Copyright (c) 2020 Dow Jones & Company, Inc.