
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Für rund 50 Millionen Beschäftigte wurde in Europa Ende April Kurzarbeit beantragt. Dieser Rekordwert entspricht knapp 27 Prozent der Arbeitnehmer in der Europäischen Union, Großbritannien und der Schweiz, ergab eine gemeinsame Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung und des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETU).
Zwar dürfte letztendlich die Zahl der Anträge spürbar höher sein als die Anzahl der Beschäftigten, die tatsächlich kurzarbeiten, weil Unternehmen oft präventiv für größere Gruppen Kurzarbeit beantragen. Trotzdem sei damit "europaweit ein Allzeit-Rekordhoch erreicht", schreiben die Autoren der am Dienstag veröffentlichen Studie, Torsten Müller vom ETUI und Thorsten Schulten vom WSI.
Am stärksten betroffen ist Frankreich, wo für 11,3 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeitsanträge gestellt wurden. Danach folgen Deutschland mit 10,1 Millionen, Italien mit 8,3 Millionen und Großbritannien mit 7,9 Millionen.
Gemessen an der Beschäftigtenzahl habe die Schweiz mit 48,1 Prozent den höchsten Anteil aller Anträge zur Kurzarbeit, gefolgt von Frankreich (47,8 Prozent), Italien (46,6 Prozent) und Luxemburg (44,5 Prozent). In Deutschland beziehen sich die Anträge auf Kurzarbeit auf etwas mehr als ein Viertel (26,9 Prozent) aller Beschäftigen.
Inzwischen existierten laut Studie in nahezu allen EU-Staaten Programme zur Kurzarbeit oder ähnliche Formen einer vorübergehenden Lohnsubvention. Der Vorteil von Kurzarbeit liegt laut den Forscher auf der Hand: Denn in den USA, wo kaum zu dem Instrument gegriffen wird, hätten bereits mehr als 33 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz verloren.
Für die EU sei nun die finanzielle Unterstützung von Kurzarbeit, für die die EU-Kommission in ihrem SURE-Programm den Mitgliedsstaaten günstige Kredite in Höhe von 100 Milliarden Euro zur Verfügung stellen will, umso wichtiger, so die Wissenschaftler. Sie empfehlen zudem Mindeststandards für faire und existenzsichernde Kurzarbeiterregelungen in Europa, da die nationalen Regelungen in Hinblick auf Höhe und Dauer des Kurzarbeitergeldes deutliche Unterschiede aufwiesen.
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May 12, 2020 06:48 ET (10:48 GMT)
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