Laut medialer Berichterstattung sind die USA der große Verlierer der Corona-Krise, zumal das chaotische Krisen-Management des US-Präsidenten genügend Angriffsfläche für Kritik bietet. Auch wirtschaftlich produziert das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" aktuell grottenschlechte Zahlen. Verliert Amerika gegenüber Europa seinen langfristigen ökonomischen Vorteil bzw. sogar seinen Vorsprung am den Aktienmärkten?
Die Corona-Krise trifft die gesamte Weltwirtschaft. Regional fallen jedoch erste Unterschiede auf. Die von der Citigroup veröffentlichten Economic Surprise Indices messen jeweils die Abweichung bekannt gegebener Konjunkturdaten von den zuvor getroffenen Analysteneinschätzungen. Demzufolge zeigt die amerikanische Konjunkturlage trotz zuletzt verheerender Arbeitslosenzahlen gravierend weniger Enttäuschungen als die der Eurozone.
Europas Aktien fundamental nur zweite Wahl
Dieses Bild schlägt sich auch in der Gewinnentwicklung der Unternehmen nieder. Sicher gerät Corporate America durch die Corona-Krise in Bedrängnis: Finanzanalysten rechnen binnen 12 Monaten mit einem Gewinneinbruch um gut 17 Prozent. Der erwartete Gewinneinbruch in Deutschland und der Eurozone fällt mit jeweils 23 Prozent jedoch deutlich stärker aus.
Insgesamt setzt sich damit der chronische Gewinnnachteil europäischer gegenüber US-Unternehmen fort. Dieses Handicap Europas schlägt sich wiederum in einer Underperformance von Aktien der Eurozone (Euro Stoxx) zu amerikanischen Titeln (S&P 500 Index) nieder.
Zwar sind die US-Aktienmärkte durch ihren hohen Anteil an Energietiteln gehandicapt. Dagegen profitiert Wall Street von zahlreichen Unternehmen aus den Bereichen Digitalisierung und Social Media. Streaming, Datenspeicherung in der Cloud, die Vernetzung z.B. in Schulen und Verwaltungen und industrielle Automatisierung sind ohnehin laufende Prozesse. Und da die Virus-Krise wie ein Katalysator wirkt (siehe zunehmende Homeoffice-Kultur), kommt dieser Entwicklung zukünftig sogar noch mehr Bedeutung zu. Vom Aufbau einer 5G-fähigen Infrastruktur profitieren u.a. Halbleiterproduzenten. Die Zunahme von Heimarbeit und Videokonferenzen kommt Softwareherstellern zugute, die zudem kaum von brüchigen Lieferketten betroffen sind. Diese Entwicklung hilft nicht zuletzt den Anbietern von Künstlicher Intelligenz. Die globalen Digitalisierungs-Champions sitzen in den USA und Asien, sehr wenige in Europa. Löbliche Ausnahmen sind SAP, Infineon und Wirecard.
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