FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) bereitet sich laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters darauf vor, den Ankauf von Bundesanleihen notfalls ohne die Deutsche Bundesbank fortzuführen. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Anfang Mai, laut dem die EZB binnen drei Monaten nachweisen muss, dass das Staatsanleihekaufprogramm PSPP angemessen ist. Andernfalls darf die Bundesbank als Teil des Eurosystems nicht mehr am PSPP teilnehmen.
Wie Reuters unter Berufung auf informierte Personen berichtet, würde die EZB in diesem Falle selbst die Ankaufanteile der Bundesbank übernehmen und Bundesanleihen kaufen. Weniger wahrscheinlich sei, dass dies die anderen Zentralbanken des Euroraums täten. Teil des Plans wäre laut Reuters außerdem eine Klage der EZB gegen die Bundesbank, die auf diese Weise zu einer Beteiligung am PSPP bewegt werden soll. Den Angaben zufolge sind diese Pläne bisher aber weder abgeschlossen, noch offiziell diskutiert worden.
Zwar werden derzeit weniger Bundesanleihen als nach dem EZB-Kapitalschlüssel möglich gekauft, doch ein völliger Ausschluss von den Ankaufprogrammen ist demnach nicht vorgesehen. Das liege daran, dass Bundesanleihen eine wichtige Benchmark für private Investoren sind. Außerdem würde ein solcher Ausschluss zu Spekulationen über ein Zerbrechen des Euro führen.
Das Bundesverfassungsgericht wirft der EZB vor, die Verhältnismäßigkeit des PSPP nicht ausreichend begründet zu haben. Es hält der EZB vor, bei der Abwägung von Nutzen und Schäden der Käufe die wirtschaftspolitischen Nebenwirkungen nicht hinreichend zu berücksichtigen. Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), der das PSPP als rechtmäßig eingestuft hatte, bescheinigen die Karlsruher Richter methodische Fehler.
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May 26, 2020 10:42 ET (14:42 GMT)
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