Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Der deutsche Einzelhandel und die Immobilienwirtschaft haben angesichts der Corona-Krise Neuverhandlungen von gewerblichen Mietverträgen vorgeschlagen, bei denen die Miete gesenkt werden sollte. Dabei sollte die neue Miethöhe individuell vereinbart werden. Bei staatlich verfügten Betriebsschließungen könnten als Richtschnur eine Mietreduzierung um 50 Prozent für den Schließungszeitraum und ein geringerer Wert für die folgenden drei Monate dienen.
Der vereinbarte Verhaltenskodex für die Mitglieder des Handelsverband Deutschland (HDE) und des Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) sei von großem Wert, um eine "angemessene und außergerichtliche Risikoverteilung" bei Mietverträgen zu erreichen, erklärten beide Verbände.
"Der alternative Klageweg wäre ein wenig geeignetes Mittel, um die besondere Situation im Einzelhandel und in der Immobilienwirtschaft zu sichern", so HDE-Präsident Josef Sanktjohanser. "Handel und Immobilienwirtschaft haben ein gemeinsames Interesse an zukunftsfähigen Innenstädten. Bis zu einer gerichtlichen Klärung würden diese voraussichtlich veröden und die Attraktivität der Gewerbeimmobilien empfindlich leiden."
Mit dem nun vorgelegten Verhaltenskodex werde dem Umstand Rechnung getragen, dass ein uneingeschränktes Festhalten an den vereinbarten Mietverträgen angesichts der bestehenden Ausnahmesituation unangemessen wäre und den Vertragsparteien nicht zugemutet werden könne, erklärten beide Verbände.
Die Höhe der angemessenen Reduzierung des Mietzinses sollte im Einzelfall und abhängig von der individuellen Vertragsgestaltung und dem Umfang der staatlichen Restriktionen ermittelt werden. Mieter und Vermieter hätten ein Interesse an der Standortsicherung. Daher sollte insbesondere auch über die Verlängerung der Laufzeit des Mietvertrages gesprochen werden.
"Handel und Immobilienwirtschaft sind eine Schicksalsgemeinschaft", sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner. "Wir wollen Mieter und Vermieter auffordern, aufeinander zuzugehen." Wichtig sei aber auch alles dafür zu tun, um dem Handel und damit auch den Eigentümern von Handelsimmobilien wieder zu neuem Schwung zu verhelfen. "Daher sind uns verkaufsfördernde Maßnahmen wie eine weitere Flexibilisierung der Öffnungszeiten wichtig", sagte Mattner. Auch sollten gesetzliche Abgaben gesenkt werden.
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June 03, 2020 07:08 ET (11:08 GMT)
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