BERLIN (Dow Jones)--Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat sich zur geplanten Verlängerung der Solarförderung kritisch geäußert. Die erneuerbaren Energien sollten "rasch in den Wettbewerb überführt und ihnen eine Perspektive im Markt eröffnet werden", heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes zu einer für Montag angesetzten Expertenanhörung im Bundestags-Wirtschaftsausschuss. Die geplante Abschaffung des Solardeckels, mit dem die Ausbauförderung bei maximal 52 Gigawatt installierter Leistung bislang begrenzt wurde, erreiche dies jedoch nicht.
Das Projekt hatte die Koalition bereits mit dem Klimapaket im Herbst beschlossen. Die Solarbranche drängt seit langem darauf. Nun soll die weitere Photovoltaikförderung noch vor der Sommerpause umgesetzt werden - und zwar im Zuge einer Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) über einen Anhang zum Gebäudeenergiegesetz. Der DIHK betont, dass bessere Rahmenbedingungen für den Selbstverbrauch von Solarstrom ausreichen würden. "Dazu gehört die Abschaffung der EEG-Umlage sowie die Aufhebung der strikten Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber und Stromverbraucher." Letzteres würde dazu führen, dass Dächer besser für den weiteren Ausbau der Photovoltaik genutzt würden. Derzeit schrecke der bürokratische Aufwand zur Abgrenzung sogenannter Drittstrommengen auf dem Betriebsgelände viele Unternehmen ab, in eigene Anlagen zu investieren.
Solarwirtschaft: 20.000 Jobs bedroht
Dagegen argumentiert der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) in seiner Stellungnahme, dass ein Förderstopp zu einem Einbruch von bis zu 80 Prozent in der Branche führen würde. 20.000 Arbeitsplätze seien bedroht, wenn der Solardeckel nicht beseitigt würde.
Grundsätzlich empfiehlt der Industrieverband Verträge für Stromlieferungen (Power Purchase Agreement, PPA) ohne den Weg über den Spotmarkt. Dabei vereinbaren Energieerzeuger und Unternehmen direkt die Versorgung. Dies müsse in einer umfassenden EEG-Novelle berücksichtigt werden, die auch Herkunftsnachweise für Anlagen, eine regelmäßige Senkung der Höchstwerte, die Verknüpfung mit Netzaufnahmekriterien sowie mehr Innovationsausschreibungen enthalte. Kritisch äußerte sich der DIHK auch zu der geplanten Regelung bei der Windkraft an Land, wonach jedes Land selbst Mindestabstände festlegen könne. Besser sei eine bundeseinheitliche Regelung, "da die Rechtsanwendung in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich ist und damit fraglich erscheint, dass der von der Bundesregierung gewünschte Zubau erreicht werden kann".
Der Energieexperte Harald Schwarz von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg lehnt die weitere Förderung des reinen Wind- und Solarausbaus grundsätzlich ab. In seiner Expertise gibt er zu bedenken, dass die beiden Ökostromarten die Versorgungssicherheit nicht erhöhten, sondern senkten, weil der Strom nicht rund um die Uhr sicher verfügbar sei. "Es werden erhebliche technische Anstrengungen im Bereich der Speicher, Sektorkopplung aber auch der komplementären Erzeugung notwendig sein", schreibt Schwarz. Er schlägt deshalb vor, den Kohleausstieg zu verschieben, bis eine zuverlässige Systemintegration der Erneuerbaren verfügbar sei.
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June 11, 2020 10:23 ET (14:23 GMT)
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