Von Hans-Joachim Koch
FRANKFURT (Dow Jones)--Mit einem neuen Software-Paket will SAP das bei der Produktherstellung entstehende CO2 direkt messbar und analysierbar machen und sich so ein neues Geschäftsfeld erschließen. Der Walldorfer Konzern verspricht mehr Transparenz sowohl für die Unternehmen mit ihren Lieferketten als auch für die Abnehmer gerade im Endkundenbereich und deren Wunsch nach klimafreundlichen Produkten.
Der für Produktentwicklung zuständige Vorstand Thomas Saueressig sieht in den neuen Applikationen einen Wachstumshebel für SAP. Er sei überzeugt vom wirtschaftlichen Erfolg, denn die Software liefere eine CO2-Dimension in Ergänzung zu den gängigen Daten in Unternehmenssoftware.
Die Produzenten könnten leichter erkennen, welcher Prozess für einen wie großen CO2-Fußabdruck stehe, diesen gegebenenfalls optimieren und für ihre Produkte nachvollziehbare Angaben machen. Als Beispiel nannte SAP Automobilkonzerne, die so nennen könnten, wieviel CO2 bei der Herstellung ihrer verschiedenen Modelle anfällt.
Mit dem Produktpaket, das kurz Climate21 oder in Langform "Product Carbon Footprint Analytics" genannt wird, soll es den Anwendern auch ermöglicht werden, ihren Produkten ein individuelles CO2-Rating zu geben. Mit diesem Novum könnten sie ein Unterscheidungsmerkmal zu Konkurrenzprodukten schaffen. Allerdings räumt der Softwarekonzern ein, dass die Rating-Etablierung einige Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Andere Ratings wie jene zu Energieeffizienz bei Elektrogeräten hätten aber großes Interesse auf sich gezogen. SAP sehe sich dabei als Helfer, den CO2-Ausstoß quantifizierbar zu machen, was das notwendige Wissen für Änderungen im Herstellungsprozess liefere.
Ziel sei es, klimafreundliche und nachhaltige Geschäfts- und Konsumentscheidungen zu unterstützen, so Saueressig. Den entscheidenden Hebel für die Bereitschaft der Produzenten, CO2-Transparenz herzustellen und den Ausstoß zu reduzieren, sieht SAP im Endverbraucher, wenn dessen Einkaufsentscheidungen zunehmend von Kriterien wie dem CO2-Fußabdruck bestimmt werden.
Nach den Anfang 2020 begonnenen Tests bei ausgewählten Kunden will der Konzern sein Climate21-Paket mit der Vorstellung auf der Kundenmesse Sapphire ab jetzt breiter einführen. Zunächst liegt der Fokus auf CO2-Daten und spezifischen Branchen wie Lebensmittel, Chemie, verarbeitendes Gewerbe und Automobil. Quartal für Quartal sollen neue Applikationen hinzukommen, sagte Saueressig.
Später sei eine Erweiterung auf die Ermittlung von Stickoxiden (NOx) oder Methan, den Verbrauch von Energie, Kunststoff, Wasser und Land möglich sowie von Daten zur Kreislaufwirtschaft. SAP sieht kommerziellen Nutzen für die Kunden angesichts einer zunehmenden Bedeutung des Klimaschutzes und natürlich auch für den Absatz der eigenen Software, zu der es kein vergleichbares Produkt im Markt gebe.
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June 16, 2020 03:10 ET (07:10 GMT)
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