
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire hat sich bei einer deutsch-französischen Parlamentsanhörung hinter den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Umfang von 750 Milliarden Euro für den europäischen Wiederaufbaufonds gestellt. "Das scheint mir eine vernünftige Größenordnung zu sein für ein europäisches Konjunkturpaket, für einen Aufbauplan", sagte Le Maire bei einer per Videokonferenz abgehaltenen Sondersitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung aus je 50 Abgeordneten von Bundestag und Nationalversammlung .
Zudem verwies er auf die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank. "Insofern hat die EU angemessen auf die wirtschaftliche Krise in Europa reagiert." So schnell wie möglich müsse nun die endgültige Entscheidung zu dem Aufbauplan getroffen werden, verlangte Le Maire. Es sei ein gutes Volumen unter der Voraussetzung, dass das Paket vom EU-Gipfel angenommen werde., Le Maire forderte deshalb "nachdrücklich" auch von den vier Ländern, die ihre Zustimmung noch zurückhielten, sich "dem Konsens anzuschließen". Dies könne nicht warten. "Ich fordere diese Staaten auf, es liegt in ihrem Interesse", sagte er. Auch sie profitierten vom Handel.
Diese so genannten "sparsamen Vier" Österreich, Schweden, Niederlande und Dänemark haben kritisiert, dass der Wiederaufbaufonds nach einem deutsch-französischen Vorschlag dafür Zuschüsse vorsah, und auf der Rückzahlung von Mitteln beharrt. Berlin und Paris hatten allerdings einen Umfang von 500 Milliarden Euro vorgeschlagen. Die EU-Kommisison sieht in ihrem Plan Zuschüsse und Kredite vor.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) beharrte bei der Anhörung aber auf Zuschüssen an betroffene Länder mit hoher Verschuldung. "Nur mit Darlehen würde das an der Staatsverschuldungssituation dieser Länder nichts ändern", sagte er. Scholz bekräftigte auch, die Rückzahlung der Mittel solle noch innerhalb der Dauer des mehrjährigen EU-Finanzrahmens beginnen. Scholz und Le Maire sprachen sich dafür aus, zusätzliche europäische Eigenmittel einzusetzen. Scholz nannte einen Emissionshandel im Luftverkehr, eine CO2-Grenzabgabe und eine Besteuerung von Finanztransaktionen als mögliche Quellen. Le Maire äußerte sich im selben Sinne.
Beide Finanzminister warben zudem für eine stärkere Rolle des Euro. Dafür seien eine Kapitalmarktunion und eine verstärkte Bankenunion von großer Bedeutung, betonte Scholz. Der EU-Aufbaufonds werde "die internationale Rolle des Euro verstärken". Le Maire erklärte, diese Stärkung der internationalen Rolle des Euro sei "eine entscheidende Frage der Souveränität". Dazu brauche man so schnell wie möglich eine Kapitalmarktunion und "vor allem eine stärkere Integration der Eurozone".
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/jhe
(END) Dow Jones Newswires
June 17, 2020 09:29 ET (13:29 GMT)
Copyright (c) 2020 Dow Jones & Company, Inc.