BERLIN (Dow Jones)--Angesichts der von der EU festgestellten zunehmenden Handelsbeschränkungen hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag vor einer Protektionismus-Krise gewarnt. "Bereits zuvor war der Protektionismus weltweit auf dem Vormarsch", erklärte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. "Jetzt jedoch ist noch eine Verschärfung festzustellen."
Hintergrund ist der am heutigen Donnerstag von der EU-Kommission vorgestellte Trade Barriers Report, wonach insbesondere die Branchen IT, Elektronik, Automobil und andere Hightech-Industrien betroffen sind. Zwar hätten europäische Firmen dank der Intervention der EU im vergangenen Jahr zusätzlich 8 Milliarden Euro mit Exporten erwirtschaftet. Allerdings wurden auch 43 neue protektionistische Maßnahmen von 22 verschiedenen Ländern eingeführt. Insgesamt beziffert der Report die Zahl der weltweiten Handelsbeschränkungen auf inzwischen 438. Besonders schwer ist demnach der Zugang zu China und Russland.
DIHK-Präsident Schweitzer sagte, dies spürten die international aktiven deutschen Unternehmen ganz deutlich in ihren Geschäften. Laut jüngsten DIHK-Umfragen klagt bereits jedes zweite deutsche Unternehmen mit Auslandsgeschäft über neue Handelshemmnisse durch Zölle, Sanktionen oder andere Barrieren - ein Rekordwert. Zudem habe der Ruf in vielen Ländern nach Lokalisierungszwängen und Exportkontrollen, um die heimische Wirtschaft vermeintlich zu schützen, gerade in der Corona-Krise an Lautstärke gewonnen. Für das Gesamtjahr 2020 erwartet der DIHK einen Rückgang der Exporte von mindestens 15 Prozent. Dies sei "eine dramatische Entwicklung, wenn man bedenkt, dass hierzulande jeder vierte Job vom Welthandel abhängt", erklärte Schweitzer. In der Industrie sei es sogar jeder zweite Arbeitsplatz.
Der DIHK plädiert daher für mehr wirtschaftliche Offenheit oder Freihandelsabkommen wie Mercosur. Diese böten die Chance, ein Signal gegen den grassierenden Protektionismus zu setzen, so Schweitzer. "Außerdem sollte über die EU international eingefordert werden, dass europäische Unternehmen im Ausland dieselben Zugänge haben wie ausländische Unternehmen hierzulande."
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June 18, 2020 07:50 ET (11:50 GMT)
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